Pflichtteilsstrafklausel im Testament: Löst Geld für Hausbau den Verlust des Schlusserbes aus?

OLG Braunschweig zur Pflichtteilsstrafklausel: Gilt eine Zahlung vorab als "Verlangen" des Pflichtteils? Jetzt informieren!

Pflichtteilsstrafklausel im Ehegattentestament: Wann eine Vorabzahlung zum Problem wird

In vielen Ehegattentestamenten, insbesondere in sogenannten Berliner Testamenten, finden sich Pflichtteilsstrafklauseln. Diese sollen in der Regel verhindern, dass die Kinder nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils sofort ihren Pflichtteil fordern und somit die wirtschaftliche Grundlage des überlebenden Ehegatten schwächen. Doch wann genau wird eine solche Klausel ausgelöst? Das Oberlandesgericht Braunschweig hatte in seinem Beschluss vom 13. Februar 2025 (Az.: 10 W 11/25) einen interessanten Fall zu beurteilen.

Der Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall ging es darum, ob eine in einem Ehegattentestament enthaltene Pflichtteilsstrafklausel ausgelöst wurde, als die Tochter von ihrer Mutter Geld im Vorgriff auf das spätere Erbe erhielt. Die Zahlung erfolgte auf Bitte der Tochter, die finanzielle Unterstützung für den Hausbau benötigte. Die Mutter bewilligte die Zahlung „zur Ablösung von Ansprüchen nach dem Vater“. Nun stellte sich die Frage, ob die Tochter damit den Pflichtteil im Sinne der Pflichtteilsstrafklausel ausdrücklich und ernsthaft verlangt hatte.

Die Entscheidung des OLG Braunschweig:

Das OLG Braunschweig kam zu dem Ergebnis, dass die bloße Bitte um finanzielle Unterstützung für den Hausbau und die daraufhin erfolgte Zahlung der Mutter nicht automatisch ein "Verlangen" des Pflichtteils darstellt, das die Pflichtteilsstrafklausel auslöst.

Das Gericht führte aus, dass eine Pflichtteilsstrafklausel üblicherweise greift, wenn ein Kind nach dem Tod des ersten Elternteils seinen Pflichtteil gegen den Willen des überlebenden Ehegatten geltend macht. Die Intention solcher Klauseln ist es, den überlebenden Ehegatten vor finanziellen Belastungen durch sofortige Pflichtteilsauszahlungen zu schützen und die Einheit des elterlichen Vermögens bis zum Tod des Längstlebenden zu wahren.

Im vorliegenden Fall hatte die Tochter um finanzielle Hilfe gebeten, und die Mutter hatte dieser Bitte entsprochen. Die Formulierung „zur Ablösung von Ansprüchen nach dem Vater“ deutete zwar auf eine Anrechnung auf das Erbe hin, ließ aber nicht zwingend den Schluss zu, dass die Tochter ihren Pflichtteil im streitigen Sinne „verlangt“ hatte. Es handelte sich eher um eine vorzeitige Auszahlung im Einvernehmen mit der Mutter.

Bedeutung für die erbrechtliche Praxis:

Dieser Beschluss des OLG Braunschweig verdeutlicht, dass die Auslegung einer Pflichtteilsstrafklausel immer vom Einzelfall und den konkreten Umständen abhängt. Nicht jede finanzielle Zuwendung an ein Kind nach dem Tod des ersten Elternteils führt automatisch zur Anwendung der Klausel. Entscheidend ist, ob das Kind tatsächlich und gegen den Willen des überlebenden Ehegatten seinen Pflichtteil gefordert hat. Eine einvernehmliche Regelung oder eine Vorabzahlung auf das künftige Erbe kann unter Umständen anders zu bewerten sein.

Wenn Sie Fragen zu Pflichtteilsansprüchen oder Pflichtteilsstrafklauseln in Ihrem Testament haben, beraten wir Sie gerne.

Quellenangabe:

Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 13.02.2025, Az.: 10 W 11/25.

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