Auseinandersetzungsverbot in der Erbengemeinschaft: Delegation der Verkaufsentscheidung
Mit der Anordnung eines Auseinandersetzungsverbots ($\S 2044$ BGB) kann der Erblasser bestimmen, dass der Nachlass – oder einzelne Gegenstände – nicht sofort geteilt werden. Dies ist besonders sinnvoll, wenn der Marktpreis einer Immobilie niedrig ist und ein schneller Verkauf vermieden werden soll. Der entscheidende Punkt ist, die Entscheidungsbefugnis darüber, wann der richtige Zeitpunkt für den Verkauf ist, auf eine Vertrauensperson zu übertragen.
Die Herausforderung: Das Veto-Recht der Miterben
Regelt der Erblasser nur ein Auseinandersetzungsverbot, können sich die Erben einvernehmlich darüber hinwegsetzen. Dies widerspricht dem Willen des Erblassers, der eine geschäftserfahrene Person die Entscheidung treffen lassen möchte (siehe Beispiel 4).
Die Lösung: Delegation an einen Testamentsvollstrecker oder Miterben
Um die Entscheidung über den Verkaufszeitpunkt zu delegieren, eignen sich folgende Gestaltungsvarianten:
1. Vorausvermächtnis gegen Auseinandersetzungsverlangen
Der Erblasser kann (nur) der geschäftserfahrenen Tochter T als Vorausvermächtnis das Recht vermachen, von ihrem Bruder S das Unterlassen der Auseinandersetzung zu verlangen.
- Wirkung: T kann jederzeit die Auseinandersetzung verlangen, S hingegen nicht. T hat damit die faktische Entscheidungsgewalt über den Verkaufszeitpunkt.
- Kein Verstoß gegen $\S 2065$ BGB: Dieses Wahlrecht resultiert aus dem Wesen des Vermächtnisses als schuldrechtlichem Anspruch und stellt keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Höchstpersönlichkeit dar.
2. Absicherung durch Dauertestamentsvollstreckung
Die effektivste Absicherung erfolgt durch die Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung und die Benennung der Tochter T als Testamentsvollstreckerin.
- Alleinige Verfügungsbefugnis: Die Verfügungsbefugnis liegt ausschließlich beim Testamentsvollstrecker ($\S 2205$ BGB). Die Erben sind damit dinglich am Verkauf gehindert.
- Delegation der Verkaufsentscheidung: Der Erblasser kann die Entscheidung, wann die Immobilie verkauft werden soll, wirksam auf die Testamentsvollstreckerin delegieren, ohne gegen $\S 2065$ BGB zu verstoßen. Die Testamentsvollstreckerin handelt im Rahmen ihrer ordnungsgemäßen Verwaltung.
- Ende der Vollstreckung: Es ist ratsam, ausdrücklich zu bestimmen, dass die Testamentsvollstreckung nicht am Erlös aus dem Verkauf fortgesetzt wird, sondern mit der Auskehrung des Erlöses endet.
Fazit: Der Wille des Erblassers wird gesichert
Die Delegation der Verkaufsentscheidung auf eine Vertrauensperson ist ein legitimer und von Art. 14 GG geschützter Wunsch. Durch die Kombination von Vermächtnis und Testamentsvollstreckung kann die schwache schuldrechtliche Wirkung des Auseinandersetzungsverbots dinglich abgesichert und der Erblasserwille durchgesetzt werden.
Quellenangabe:
Prof. Dr. Anusch Alexander Tavakoli, „Auseinandersetzungsverbote in der Erbengemeinschaft – Teil II: Gestaltungsvarianten“, ZEV 2025, 705 ff.
$\S 2044, \S 2048, \S 2065, \S 2205$ Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
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