Ausgleichspflicht bei Erbschaft: So vermeiden Sie Streit um die Ausstattung
In der Praxis kommt es häufig vor, dass Eltern ihren Kindern zu Lebzeiten größere Geldbeträge oder Immobilien zuwenden. Im Erbfall stellt sich dann die Frage, ob diese sogenannten Ausstattungen mit dem Erbteil der anderen Kinder verrechnet werden müssen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem Beschluss vom 16. Januar 2025 (Az.: 10 U 162/23) klargestellt, dass eine Ausgleichspflicht nur dann ausgeschlossen ist, wenn der Erblasser dies eindeutig bei der Zuwendung anordnet.
Was ist eine ausgleichspflichtige Ausstattung?
Eine Ausstattung ist eine Zuwendung, die ein Kind zur Begründung einer eigenständigen Lebensstellung von seinen Eltern erhält (§ 1624 BGB). Das OLG Frankfurt a.M. urteilte, dass eine Zuwendung auch dann als Ausstattung gilt, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Zuwendung bereits 40 Jahre alt ist und noch im elterlichen Haushalt lebt. Die Gerichte sehen hier den gesetzlichen Zweck, dem Kind die Begründung einer eigenständigen Lebensstellung zu ermöglichen, als vorrangig an.
Der gesetzliche Regelfall: Ausgleichungspflicht
Der Gesetzgeber sieht in § 2050 Abs. 1 BGB die Ausgleichung der Ausstattung als Regelfall vor. Das bedeutet: Ohne eine explizite Anordnung der Eltern muss sich das Kind diese Zuwendung im Erbfall auf seinen Erbteil anrechnen lassen.
- Kein Ausschluss durch bloße Schenkung: Eine Zuwendung, die als „Schenkung“ bezeichnet wird, ist nicht automatisch von der Ausgleichungspflicht ausgeschlossen.
- Wann der Ausschluss wirksam ist: Ein Ausschluss der Ausgleichungspflicht muss vom Erblasser eindeutig und spätestens bei der Zuwendung selbst angeordnet werden.
- Notarielle Urkunde als Nachweis: Bei einer notariellen Urkunde streitet diese für die Vollständigkeit und Richtigkeit der beurkundeten Erklärungen. Ein Ausschluss der Ausgleichspflicht muss daher ausdrücklich in der notariellen Urkunde festgehalten sein.
Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil gibt wichtige Hinweise für alle, die eine Schenkung an ihre Kinder in Betracht ziehen.
- Ausgleichspflicht im Blick behalten: Wenn Sie eine Schenkung an ein Kind vornehmen, sollten Sie sich bewusst sein, dass diese im Erbfall mit dem Erbteil verrechnet werden muss.
- Ausdrückliche Regelung im Vertrag: Wenn Sie eine Ausgleichspflicht ausschließen möchten, müssen Sie dies im Schenkungsvertrag eindeutig und unmissverständlich formulieren.
- Vollständigkeit der notariellen Urkunde: Bei einer notariellen Beurkundung ist es von entscheidender Bedeutung, dass alle getroffenen Vereinbarungen, einschließlich des Ausschlusses der Ausgleichspflicht, in der Urkunde festgehalten werden.
Quellenangabe:
OLG Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 16.01.2025, Az.: 10 U 162/23, BeckRS 2025, 16031.§ 2050, § 2025, § 1624 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).§ 415 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO).
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