Digitaler Nachlass: Erben haben vollen Zugriff auf Social-Media-Konten

Der BGH hat entschieden: Der digitale Nachlass wird wie der analoge behandelt. Erben haben vollen Zugriff auf das Social-Media-Konto des Verstorbenen.

Die Frage, was mit den Daten und Konten eines Menschen nach seinem Tod passiert, hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. In einer richtungsweisenden Entscheidung vom 12. Juli 2018 hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass der digitale Nachlass genauso behandelt wird wie der analoge. Im konkreten Fall gab das Gericht den Erben einer 15-Jährigen das Recht, auf deren Social-Media-Konto zuzugreifen.

Der Fall: Der Kampf um das Benutzerkonto

Die Mutter einer verstorbenen 15-Jährigen wollte Zugang zum Benutzerkonto ihrer Tochter bei einem sozialen Netzwerk, um die Todesumstände zu klären. Das soziale Netzwerk verweigerte den Zugriff und verwies auf den sogenannten „Gedenkzustand“ des Kontos sowie auf Datenschutzbedenken.

Die Mutter, als Mitglied der Erbengemeinschaft, klagte auf Zugang.

Die BGH-Entscheidung: Keine Sonderbehandlung für digitale Inhalte

Der BGH gab der Klage statt und entschied, dass das Vertragsverhältnis mit dem sozialen Netzwerk mit allen Rechten und Pflichten auf die Erben übergeht. Das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge (§1922 BGB) gilt auch für digitale Inhalte.

  • Kein Unterschied zwischen analog und digital: Das Gericht betonte, dass es keinen Grund gibt, digitale Inhalte anders zu behandeln als beispielsweise Briefe oder Tagebücher. Das Trägermedium (Festplatte vs. Server) ändert nichts an der Natur des Inhalts.
  • Abwehr von Datenschutzbedenken: Der BGH wies die Argumente des sozialen Netzwerks zurück. Das Fernmeldegeheimnis schützt zwar die Kommunikation vor Dritten, aber die Erben treten in die Rechtsposition des Verstorbenen ein und sind somit als Beteiligte anzusehen. Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) findet zudem grundsätzlich keine Anwendung auf die Daten Verstorbener.
  • Praktische Undurchführbarkeit: Eine Trennung von höchstpersönlichen und vermögensrechtlichen Inhalten wäre praktisch kaum umsetzbar und rechtlich nicht eindeutig abgrenzbar.

Was bedeutet das für Ihre Nachlassplanung?

Die Entscheidung des BGH schafft eine wichtige Grundlage für den Umgang mit dem digitalen Nachlass. Für Sie als Erblasser bedeutet dies:

  • Standardfall: Universalsukzession: Wenn Sie nichts anderes regeln, geht Ihr gesamter digitaler Nachlass auf Ihre Erben über.
  • Regelungsfreiheit: Sie können jedoch zu Lebzeiten in einem Testament bestimmen, wer Zugang zu Ihren digitalen Konten erhalten soll. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr digitales Erbe.

Haben Sie Fragen zur Regelung Ihres digitalen Nachlasses? Wir beraten Sie gerne.

Quellenangabe:

Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2018, Az.: III ZR 183/17 (Pressemitteilung).§1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

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