Digitaler Nachlass: Erben haben vollen Zugriff auf Social-Media-Konten

Ein Urteil des OLG Oldenburg bestätigt die BGH-Rechtsprechung: Der digitale Nachlass wird wie der analoge behandelt. Erben haben vollen Zugriff auf die Social-Media-Konten des Verstorbenen.

Die Frage, was mit den Daten und Konten eines Menschen nach seinem Tod passiert, hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. In einer richtungsweisenden Entscheidung vom 12. Juli 2018 hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass der digitale Nachlass genauso behandelt wird wie der analoge. Ein kürzlich veröffentlichtes Urteil des OLG Oldenburg hat diese Rechtsprechung in konsequenter Fortführung bestätigt. Im konkreten Fall gab das Gericht den Erben das Recht, auf das Social-Media-Konto des Verstorbenen zuzugreifen.

Die BGH-Entscheidung: Keine Sonderbehandlung für digitale Inhalte

Der BGH stellte klar, dass das Vertragsverhältnis mit dem sozialen Netzwerk mit allen Rechten und Pflichten auf die Erben übergeht. Das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) gilt auch für digitale Inhalte.

  • Kein Unterschied zwischen analog und digital: Das Gericht betonte, dass es keinen Grund gibt, digitale Inhalte anders zu behandeln als beispielsweise Briefe oder Tagebücher. Das Trägermedium (Festplatte vs. Server) ändert nichts an der Natur des Inhalts.
  • Abwehr von Datenschutzbedenken: Der BGH wies die Argumente des sozialen Netzwerks zurück. Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) findet zudem grundsätzlich keine Anwendung auf die Daten Verstorbener.

Die Perspektive der Erben: Chancen und Risiken

Die Entscheidung des OLG Oldenburg hat die Position der Erben eines Accountinhabers weiter gestärkt. Dennoch bestehen praktische Schwierigkeiten.

  • Zwangsweise Durchsetzung: Wenn Provider die Einsicht in die Accounts verweigern, bleibt den Erben nur der Weg über eine gerichtliche Klage und die Zwangsvollstreckung.
  • Postmortales Persönlichkeitsrecht: Bei der Weiternutzung eines Accounts sollten Erben vorsichtig sein, da sie sonst gegen das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen verstoßen könnten. Um dies zu vermeiden, sollte die Weiternutzung klar kenntlich gemacht werden.
  • Haftungsrisiko: Erben können auch für Postings haftbar gemacht werden, die der Erblasser verfasst hat. Es ist daher ratsam, den Account kritisch zu überprüfen, bevor er fortgeführt wird.

Was bedeutet das für Ihre Nachlassplanung?

Die Entscheidung schafft eine wichtige Grundlage für den Umgang mit dem digitalen Nachlass. Für Sie als Erblasser bedeutet dies:

  • Standardfall: Universalsukzession: Wenn Sie nichts anderes regeln, geht Ihr gesamter digitaler Nachlass auf Ihre Erben über.
  • Regelungsfreiheit: Sie können jedoch zu Lebzeiten in einem Testament bestimmen, wer Zugang zu Ihren digitalen Konten erhalten soll. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr digitales Erbe.

Quellenangabe:

Dr. Anna Herzing, „Weiternutzung eines Social-Media-Accounts nach dem Tod des Accountinhabers: Praktische Herausforderungen für Rechtsanwender vor und nach dem Erbfall“, ZEV 2025, 646 ff.BGH, Entscheidung vom 12.07.2018.

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