Einheitslösung oder Trennungslösung: Wie Ihr Testament bei Patchwork-Familien ausgelegt wird

Ein Urteil des OLG Naumburg klärt: Auch bei Patchwork-Familien bedarf es konkreter Anhaltspunkte im Testament, um eine Trennungslösung anzunehmen.

Die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments ist in Patchwork-Familien eine große Herausforderung. Ehepaare möchten oft ihre jeweils eigenen Kinder bedenken, gleichzeitig aber die finanzielle Absicherung des überlebenden Partners sicherstellen. Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat in einem Beschluss vom 7. Januar 2025 (Az.: 2 Wx 82/23) wichtige Klarstellungen zur Auslegung solcher Testamente getroffen und betont, dass die Wahl einer Trennungslösung konkrete Anhaltspunkte im Testament erfordert.

Einheitslösung versus Trennungslösung

Im Erbrecht gibt es zwei Hauptmodelle für gemeinschaftliche Testamente:

  • Einheitslösung (§2269 BGB): Hier setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Vollerben ein. Nach dem Tod des länger lebenden Partners geht das gesamte vereinigte Vermögen an die Schlusserben. Dies ist der gesetzliche Regelfall.
  • Trennungslösung: Hier setzt der erstversterbende Partner den überlebenden Partner als Vorerben ein, und das eigene Vermögen geht nach dessen Tod an die Nacherben. Die Vermögensmassen der Eheleute bleiben dabei getrennt.

Der Fall: Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments

Ein Ehepaar, das in einer Patchwork-Familie lebte, hatte ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Darin setzten sie sich gegenseitig als Alleinerben des jeweils Erstversterbenden ein. Das OLG musste nun entscheiden, ob die Eheleute die Einheits- oder die Trennungslösung gewählt hatten.

Die Richter entschieden, dass die Ehepartner die Einheitslösung anstrebten.

  1. Vorrang der individuellen Auslegung: Die gesetzliche Auslegungsregel der Einheitslösung (§ 2269 BGB) hat nachrangige Bedeutung. Das Gericht muss zunächst durch individuelle Auslegung den tatsächlichen Willen der Erblasser ermitteln.
  2. Klare Erbeinsetzung: Da die Eheleute sich gegenseitig als Vollerben einsetzten, lag der Schluss nahe, dass sie eine Einheitslösung wählten.
  3. Kein Rückschluss aus getrennten Konten: Das Gericht betonte, dass der Umstand, dass die Eheleute zu Lebzeiten getrennte Konten führten, nicht als konkreter Anhaltspunkt für eine Trennungslösung ausreicht. Die getrennte Vermögensführung zu Lebzeiten lässt nicht automatisch auf einen Wunsch nach getrennten Vermögensmassen im Todesfall schließen.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil gibt wichtige Hinweise für die Testamentsgestaltung in Patchwork-Familien.

  • Sorgfältige Formulierung: Wenn Sie eine Trennungslösung wünschen, müssen Sie dies im Testament eindeutig und unmissverständlich formulieren.
  • Klare Anhaltspunkte schaffen: Geben Sie im Testament konkrete Anhaltspunkte, die den Willen zur Trennungslösung belegen (z.B. durch die Anordnung von Vorerb- und Nacherbschaft).
  • Professionelle Beratung: Gerade in Patchwork-Familien ist eine professionelle Beratung bei der Testamentserstellung unerlässlich, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden und sicherzustellen, dass der Wille des Erblassers tatsächlich umgesetzt wird.

Quellenangabe:

OLG Naumburg, Beschluss vom 07.01.2025, Az.: 2 Wx 82/23, BeckRS 2025, 8834.§§ 2269, 2263, 2084, 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

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