Enterbung im Testament: Wann ein Widerruf gemeinschaftlicher Verfügungen unberührt lässt
Die Anordnung einer Enterbung ist eine der einschneidendsten Entscheidungen im Erbrecht. Ein Erblasser kann gesetzliche Erben gezielt von der Erbfolge ausschließen und sie auf ihren Pflichtteil beschränken. Doch was passiert, wenn der Erblasser später andere Testamente widerruft? Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat in einem Beschluss vom 18. Februar 2025 (Az.: 8 W 18/24) klargestellt, dass ein Widerruf, der sich auf „einseitige Verfügungen“ bezieht, nicht automatisch auch gemeinschaftliche Verfügungen widerruft.
Der Fall: Enterbung durch gemeinschaftliches Testament
Ein Erblasser hatte mehrere Testamente verfasst, darunter ein gemeinschaftliches Testament mit seiner Ehefrau. In diesem gemeinschaftlichen Testament hatten die Ehegatten verfügt, dass bestimmte gesetzliche Erben lediglich ihren Pflichtteil erhalten sollten – was einer Enterbung gleichkam.
Nach dem Tod seiner Ehefrau verfasste der Erblasser ein weiteres Testament und widerrief darin „alle bisher errichteten einseitigen Verfügungen von Todes wegen“. Nach dem Tod des Erblassers war unklar, ob die Enterbung weiterhin wirksam war oder ob sie durch den späteren Widerruf aufgehoben wurde.
Die OLG-Entscheidung: Widerruf der einseitigen Verfügung bleibt wirkungslos
Das OLG Zweibrücken bestätigte, dass die Enterbung weiterhin wirksam war.
- Enterbung ist wirksam: Die Anordnung, dass eine Person lediglich ihren Pflichtteil erhalten soll, ist eine wirksame Enterbung. Das Gericht stellte fest, dass dies eine klare Willensäußerung des Erblassers ist.
- Kein Widerruf von gemeinschaftlichen Verfügungen: Der spätere Widerruf des Erblassers bezog sich ausdrücklich auf „einseitige Verfügungen von Todes wegen“. Da die Enterbung in einem gemeinschaftlichen Testament angeordnet wurde, wurde sie von diesem Widerruf nicht erfasst.
Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil gibt wichtige Hinweise für die Gestaltung von Testamenten.
- Präzise Formulierung ist entscheidend: Ein Erblasser muss sehr präzise formulieren, welche Verfügungen er widerrufen möchte. Eine ungenaue Formulierung kann zu langwierigen und teuren Streitigkeiten führen.
- Abgrenzung von einseitigen und gemeinschaftlichen Verfügungen: Ein Erblasser sollte sich bewusst sein, dass er eine in einem gemeinschaftlichen Testament getroffene Verfügung nicht einfach einseitig widerrufen kann.
- Professionelle Beratung: Bei der Erstellung von mehreren Testamenten oder im Falle eines Widerrufs ist es ratsam, sich professionell beraten zu lassen, um den Überblick über alle getroffenen Verfügungen zu behalten und deren Wirksamkeit sicherzustellen.
Quellenangabe:
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18.02.2025, Az.: 8 W 18/24, BeckRS 2025, 2285.§§2254,2256,2257,2258,1938 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).§59 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).
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