Erbe ausschlagen: Keine Anfechtung bei bloßer Spekulation

Ein Urteil des OLG Zweibrücken zeigt: Eine Erbausschlagung kann nicht angefochten werden, wenn der Erbe den Nachlasswert spekulativ und ohne eigene Prüfung einschätzt.

Die Anfechtung einer Erbausschlagung ist eine komplexe Angelegenheit, die nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Einer der häufigsten Gründe ist ein Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses. Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat in einem Beschluss vom 7. März 2025 (Az.: 8 W 20/24) klargestellt, dass eine solche Anfechtung ausscheidet, wenn der Erbe seine Entscheidung auf Spekulationen stützt, ohne sich ernsthaft über den Nachlass zu informieren.

Der Fall: Ausschlagung "auf Verdacht"

Eine Tochter hatte die Erbschaft ihres Vaters ausgeschlagen, da ihr Bruder ihr mitgeteilt hatte, der Nachlass sei überschuldet. Sie selbst hatte seit 20 Jahren keinen Kontakt zum Vater gehabt. Später erfuhr sie, dass zum Nachlass eine Immobilie gehörte, von der sie nichts wusste. Die Tochter focht ihre Ausschlagung an, da sie sich über den Wert des Nachlasses geirrt habe.

Das Nachlassgericht und das OLG Zweibrücken wiesen die Anfechtung jedoch als unbegründet zurück.

Die OLG-Entscheidung: Fehlende Bemühungen und Kausalität

Das Gericht begründete seine Entscheidung mit zwei wesentlichen Punkten:

  1. Kein relevanter Irrtum bei Spekulation: Ein Irrtum über die Überschuldung berechtigt nur dann zur Anfechtung, wenn er auf der Grundlage bekannter oder zugänglicher Fakten zustande kommt. Wer seine Entscheidung auf bloßen Verdacht hin trifft, handelt spekulativ. Im vorliegenden Fall hätte die Tochter mit zumutbaren Bemühungen die Zusammensetzung des Nachlasses in Erfahrung bringen können, da ihr die letzte Wohnadresse des Vaters bekannt war.
  2. Fehlende Kausalität: Das Gericht stellte zudem fest, dass die Unkenntnis über die Immobilie nicht ursächlich für die Ausschlagung war. Da die Tochter keine Anstrengungen unternommen hatte, den Nachlasswert zu ermitteln, war die Zusammensetzung des Nachlasses für ihre Entscheidung nicht entscheidend. Ihre Ausschlagung beruhte vielmehr auf vagen Äußerungen und „persönlichen Gründen“ infolge des langjährigen Kontaktabbruchs.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil ist ein wichtiger Hinweis für alle, die eine Erbschaft ausschlagen wollen.

  • Informationspflicht: Sie sind verpflichtet, sich über den Nachlass zu informieren, bevor Sie eine Ausschlagung erklären. Vertrauen Sie nicht blind auf die Aussagen Dritter.
  • Eigenverantwortung: Wer aus Bequemlichkeit oder aufgrund persönlicher Gründe ausschlägt, kann die Ausschlagung in der Regel nicht mehr anfechten, wenn sich der Nachlass später als werthaltig erweist.
  • Anfechtung nur bei Irrtum über Fakten: Eine Anfechtung ist nur dann möglich, wenn Sie sich über Fakten geirrt haben, die Ihnen zum Zeitpunkt der Ausschlagung bekannt waren und die für Ihre Entscheidung maßgeblich waren.

Quellenangabe: 

BGB §§1954,119Abs.2, §123Abs.1

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