Erbeinsetzung oder Vermächtnis: Wie Gerichte Ihren Willen interpretieren

Ein OLG-Urteil zeigt, dass der Wert zugewendeter Gegenstände entscheidend ist, um zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis zu unterscheiden.

In vielen handschriftlichen Testamenten weisen Erblasser einzelne Vermögensgegenstände bestimmten Personen zu, ohne die Begriffe "Erbe" oder "Vermächtnisnehmer" zu verwenden. Dies führt nach dem Tod oft zu Streitigkeiten, da die Abgrenzung zwischen einer Erbeinsetzung und einem Vermächtnis entscheidend für die Nachlassverteilung ist. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat in einem Beschluss vom 24. Februar 2025 (Az.: I-3 Wx 216/24) präzise Kriterien zur Klärung dieser Frage festgelegt.

Die Abgrenzung: Wert der Nachlassanteile als entscheidendes Kriterium

Das Gericht stellte klar, dass für die Auslegung des Testaments der Wert der zugewendeten Vermögensgegenstände ein entscheidender Anhaltspunkt ist.

  • Erbeinsetzung bei wesentlichen Anteilen: Wer den überwiegenden Teil des Nachlasses erhält, ist im Zweifel als Erbe eingesetzt. Im vorliegenden Fall waren zwei Personen, denen 55 % bzw. 34 % des Nachlasswertes zugewandt wurden, mit weitem Abstand die Hauptbegünstigten. Das Gericht sah sie daher als Miterben an.
  • Vermächtnis bei geringeren Anteilen: Wer hingegen nur geringe Nachlassanteile in Höhe von wenigen Prozent erhält, ist in der Regel als bloßer Vermächtnisnehmer zu betrachten.

Berechnung der Erbquote

Der Beschluss bietet auch eine klare Anweisung zur Berechnung der Erbquote in solchen Fällen. Die Erbquote der Miterben entspricht dem Verhältnis der ihnen zugewandten Vermögensgegenstände am gesamten Nachlasswert. Als Grundlage für diese Berechnung dient der um den Wert der Vermächtnisse verminderte (Netto-)Nachlasswert.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil ist ein wichtiger Leitfaden für die Testamentsgestaltung, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden:

  • Eindeutige Begrifflichkeiten verwenden: Verwenden Sie in Ihrem Testament klare Begriffe wie "Erbe" und "Vermächtnisnehmer", um Ihren Willen unmissverständlich auszudrücken.
  • Werte bedenken: Wenn Sie bestimmte Personen als Ihre Haupt-Erben einsetzen möchten, stellen Sie sicher, dass der Wert der ihnen zugedachten Vermögensgegenstände den überwiegenden Teil Ihres Nachlasses ausmacht.
  • Professionelle Beratung einholen: Bei komplexen Vermögensverhältnissen ist es ratsam, sich professionell beraten zu lassen, um eine juristisch korrekte und eindeutige Nachlassregelung zu schaffen.

Quellenangabe:

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.02.2025, Az.: I-3 Wx 216/24, BeckRS 2025, 7296.§2087 Abs. 1 u. 2, §2148 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

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