Erbrecht in der EU: Voraussetzungen für eine konkludente Rechtswahl des US-Erbrechts

Ein Urteil des OLG München klärt die komplexe Rechtswahl bei US-Erblassern mit deutscher Immobilie. Es gilt deutsches Erbrecht, wenn keine konkludente Rechtswahl für den gesamten Nachlass vorliegt.

Internationale Erbfälle, insbesondere wenn sie Vermögen in Deutschland und gleichzeitig Bezüge zu Drittstaaten wie den USA aufweisen, sind kollisionsrechtlich äußerst komplex. Die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) strebt zwar die Nachlasseinheit an, aber die traditionellen Regeln des US-amerikanischen Rechts können dieser entgegenstehen.

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Beschluss vom 22. August 2025 (Az.: 33 Wx 246/24 e) die Voraussetzungen für eine konkludente Rechtswahl des Erbrechts eines US-Bundesstaates für in Deutschland belegenes unbewegliches Vermögen geklärt.

Der Fall: Erbschein für deutsche Immobilie

Ein lediger Erblasser mit US-amerikanischer Staatsangehörigkeit und gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesstaat New York hinterließ einen Anteil an einer deutschen Erbengemeinschaft, deren Vermögen aus einer Immobilie in München bestand. Der Bruder (Antragsteller) begehrte einen Erbschein als Alleinerbe aufgrund eines Testaments, in dem er zum „Erstbegünstigten“ ernannt wurde.

Die Kernfrage: Ist das Erbrecht des Bundesstaates New York oder das deutsche Erbrecht anwendbar?

Die OLG-Entscheidung: Rückverweis auf deutsches Recht

Das OLG München entschied, dass deutsches Erbrecht anzuwenden ist, da keine konkludente Rechtswahl vorlag.

  1. Nachlassspaltung nach US-Recht: Das Erbrecht des Bundesstaates New York verweist traditionell für unbewegliches Vermögen auf das Recht des Belegenheitsortes zurück (sog. Nachlassspaltung). Der Erbteil an der Erbengemeinschaft, die nur eine Immobilie hält, wird als unbewegliches Vermögen qualifiziert.
  2. Keine konkludente Rechtswahl: Eine konkludente Rechtswahl zugunsten des Rechts von New York, die die Nachlassspaltung aufgehoben hätte, war dem Testament nicht zu entnehmen. Das Testament war in englischer Sprache verfasst, aber es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass der Erblasser von der traditionellen Regel abweichen wollte, die das Belegenheitsrecht zur Anwendung beruft.
  3. Keine fingierte Rechtswahl: Auch die fingierte Rechtswahl nach Art. 83 Abs. 4 EuErbVO greift nicht, da das Recht des Bundesstaates New York nicht das Staatsangehörigkeitsprinzip anwendet.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil gibt wichtige Hinweise für Erblasser mit US-Staatsangehörigkeit und deutschem Immobilienvermögen.

  • Erbengemeinschaft ist Immobilie: Ein Anteil an einer Erbengemeinschaft, die nur eine Immobilie hält, wird als unbewegliches Vermögen eingestuft.
  • Explizite Rechtswahl ist notwendig: Wer verhindern will, dass deutsches Recht auf seine deutsche Immobilie angewendet wird, muss eine ausdrückliche Rechtswahl in seinem Testament treffen.
  • Wirksame Ausschlagung: Da deutsches Erbrecht anzuwenden war, galt die Ausschlagung des testamentarischen Erbrechts durch den Antragsteller als wirksam.

Quellenangabe:

OLG München, Beschluss vom 22.08.2025, Az.: 33 Wx 246/24 e.

Art. 20, 22, 31, 34, 83 Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO).

$\S\S 1943$ ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

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