Erbschaftsannahme anfechten: Wenn Bestattungskosten zum Eigenschaftsirrtum werden

Ein Irrtum über die Bestattungskosten kann die Annahme der Erbschaft anfechtbar machen. LG Frankenthal klärt, wann ein Eigenschaftsirrtum vorliegt.

Die Annahme einer Erbschaft kann rückwirkend angefochten werden, wenn der Erbe sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses irrt. Ein solcher Irrtum wird als Eigenschaftsirrtum (§ 119 Abs. 2 BGB) bezeichnet. Das Landgericht (LG) Frankenthal hat in einem Urteil vom 27. Februar 2025 (Az.: 8 O 189/24) entschieden, dass ein Irrtum über die Verpflichtung zur Tragung von Bestattungskosten einen solchen Eigenschaftsirrtum darstellen kann.

Der Fall: Stiefmutter fordert Bestattungskosten vom Sohn

Ein Mann, der durch Testament zum Alleinerben seines verstorbenen Vaters eingesetzt wurde, versäumte die sechswöchige Frist zur Ausschlagung der Erbschaft. Er war damit zunächst Erbe geworden. Später forderte seine Stiefmutter, die Witwe des Verstorbenen, die von ihr vorab bezahlten Bestattungskosten in Höhe von über 7.500 Euro von ihm.

Nach Erhalt dieser Forderung focht der Sohn die Annahme der Erbschaft wegen eines Eigenschaftsirrtums an. Er war der Meinung, er habe sich geirrt, dass der Nachlass nicht durch die Bestattungskosten überschuldet sei. Das LG Frankenthal gab ihm Recht und wies die Klage der Stiefmutter ab.

Die Begründung des Gerichts

Das Gericht stellte fest, dass die Anfechtung der Erbschaftsannahme form- und fristgerecht erfolgte. Entscheidend war die Frage, ob ein relevanter Irrtum vorlag:

  1. Relevanter Eigenschaftsirrtum: Das Gericht bestätigte, dass die Annahme einer Überschuldung des Nachlasses einen relevanten Eigenschaftsirrtum darstellt. Dies gilt auch, wenn der Erbe zunächst davon ausgeht, dass eine wesentliche Nachlassverbindlichkeit nicht besteht, die den Nachlass erst überschulden würde.
  2. Irrtum über Bestattungskosten: Der Sohn hatte nachgewiesen, dass er davon ausgegangen war, die Bestattungskosten seien durch einen Betrag von 8.000 Euro aus einem früheren Autoverkauf gedeckt. Dieses Geld war jedoch bereits für Heimkosten des Erblassers verwendet worden, was der Sohn nicht wusste. Das Gericht sah diesen Irrtum über die fehlende Deckung der Bestattungskosten als einen Eigenschaftsirrtum von verkehrswesentlicher Bedeutung an, da diese Forderung den ansonsten neutralen Nachlass überschuldete.
  3. Fehlende Kausalität: Im Gegensatz zu anderen Gerichtsentscheidungen (vgl. OLG Zweibrücken) wurde hier nicht angenommen, dass der Sohn die Annahme der Erbschaft „auf Verdacht“ erklärt hätte. Die Richter sahen vielmehr eine konkrete Fehlvorstellung des Sohnes, die von seiner Stiefmutter nicht korrigiert wurde.

Da die Anfechtung wirksam war, galt der Anfall der Erbschaft als nicht erfolgt (§ 1953 Abs. 1 BGB). Der Sohn war damit nie Erbe und musste folglich die Bestattungskosten nicht nach § 1968 BGB tragen.

Totenfürsorgepflicht der Ehefrau hat Vorrang

Das Gericht wies zudem darauf hin, dass die Stiefmutter als Ehefrau des Verstorbenen gemäß § 9 Abs. 1 des Bestattungsgesetzes von Rheinland-Pfalz (BestG) selbst bestattungspflichtig war. Da der Sohn nicht Erbe geworden war, traf ihn diese Pflicht nicht. Die Stiefmutter handelte also im Rahmen ihrer eigenen gesetzlichen Verpflichtung und kann vom Sohn keine Kostenerstattung verlangen.

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