Erbschaftsteuer: Zählen Vergütungen an Gesellschafter zur Lohnsumme?
Die Lohnsummenpflicht ist eine der zentralen Voraussetzungen, um die Steuerbefreiung bei der Übertragung von Betriebsvermögen zu erhalten. Doch welche Vergütungen zählen eigentlich zur maßgebenden Lohnsumme? Insbesondere bei Personengesellschaften herrscht hier oft Rechtsunsicherheit. Das Finanzgericht (FG) Münster hat in einem Urteil vom 15. April 2025 (Az.: 3 K 483/24 F) klargestellt, dass Vergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer zur Lohnsumme gehören, auch wenn die Finanzverwaltung eine andere Auffassung vertritt.
Der Fall: Streit um die Berücksichtigung von Gesellschafterlöhnen
Im vorliegenden Fall verstarb der Kommanditist einer KG. Seine Erben traten in die Gesellschaft ein und waren als angestellte Geschäftsführer tätig. Sie erhielten über einen Zeitraum von fünf Jahren angemessene Gehälter.
Das Finanzamt berücksichtigte die Vergütungen an die Gesellschafter bei der Ermittlung der Lohnsumme nicht. Es verwies auf die Erbschaftsteuer-Richtlinien, wonach Löhne an Gesellschafter-Geschäftsführer einer Personengesellschaft nicht einzubeziehen seien.
Das FG Münster sah die Sache anders.
Die FG-Entscheidung: Die Lohnsumme umfasst auch Gesellschafterlöhne
Das FG Münster entschied, dass die an die Gesellschafter gezahlten Vergütungen in voller Höhe in die Lohnsumme einzubeziehen sind.
- Wortlaut des Gesetzes ist maßgeblich: Der Wortlaut des §13a Abs. 4 ErbStG stellt nicht auf die ertragsteuerliche Qualifizierung der Vergütung ab. Es ist also unerheblich, ob die Vergütung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder als sogenannte Sonderbetriebseinnahmen behandelt wird.
- Handelsrechtliche Betrachtung: Das Gericht stützte seine Entscheidung auf eine handelsrechtliche Betrachtung. Die im Gesetz verwendeten Begriffe „Löhne und Gehälter“ sowie „Lohn- und Gehaltslisten“ geben keine Anhaltspunkte für eine Beschränkung auf bestimmte Vergütungsarten. Die handelsrechtliche Position "Löhne und Gehälter" umfasst alle Bezüge für die geleistete Arbeit.
- Keine Missbrauchsgefahr: Das Gericht sah auch keine Missbrauchsgefahr, da die Angemessenheit der Vergütung überprüft werden kann.
Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil ist ein wichtiger Hinweis für Erben, Schenker und Berater, die mit der Lohnsummenpflicht bei Personengesellschaften zu tun haben.
- Höhere Lohnsumme: Durch die Einbeziehung der Vergütungen an Gesellschafter erhöht sich die Lohnsumme der Gesellschaft. Dies kann dazu führen, dass die Lohnsummenpflicht leichter erfüllt wird.
- Anpassungsbedarf in der Richtlinie: Das Urteil steht im Widerspruch zur bisherigen Verwaltungsauffassung und bedarf der Anpassung der entsprechenden Richtlinien.
- Ausblick: Die Revision ist beim BFH anhängig. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH diese Rechtsauffassung bestätigt.
Quellenangabe:
FG Münster, Urteil vom 15.04.2025, Az.: 3 K 483/24 F, Abruf-Nr. 249207.§13a Abs. 4 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG).Quelle: Ausgabe 10 / 2025 | Seite 240 | ID 50534232.
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