Erbscheinsantrag nach englischem Recht: Der Administrator als Alleinerbe in Deutschland
Internationale Erbfälle, insbesondere mit Bezug zum englischen Recht, sind eine große Herausforderung. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat in einem Beschluss vom 26. Mai 2025 (Az.: I-3 W 86/25) eine wichtige Klarstellung zur Stellung des englischen „administrator“ im deutschen Erbscheinsverfahren getroffen. Es entschied, dass ein vom englischen Gericht bestellter „administrator“ einen deutschen Erbschein als alleiniger Rechtsnachfolger beantragen kann.
Der Fall: Nachlass in Deutschland und die Rolle des „administrator“
Eine Erblasserin mit gewöhnlichem Aufenthalt in England hinterließ Nachlassvermögen in Deutschland (Geld- und Wertpapiervermögen sowie einen Anteil an einer deutschen Erbengemeinschaft). Da sie kein Testament hinterließ, wurde ihr Ehemann vom englischen Gericht zum „administrator“ bestellt. Er beantragte einen deutschen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte.
Das AG lehnte den Antrag ab, weil es eine Nachlassspaltung und die Anwendung deutschen Erbrechts für das unbewegliche Vermögen befürchtete.
Die OLG-Entscheidung: Englische Erbrechtsnormen sind anzuwenden
Das OLG Düsseldorf hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf.
- Anwendbares Recht: Die Erbfolge für das in Deutschland belegene bewegliche Vermögen (dazu zählt auch die Beteiligung an der Erbengemeinschaft) richtet sich nach englischem Recht.
- Administrator ist alleiniger Rechtsnachfolger: Nach englischem Recht wird nicht der gesetzliche Erbe, sondern der gerichtlich bestellte „administrator“ alleiniger Rechtsinhaber bzgl. der Nachlassgegenstände. Er hat die alleinige Befugnis, den Nachlass abzuwickeln.
- Erbschein für den Administrator: Das OLG entschied, dass der deutsche Erbschein dem Administrator auszustellen ist, da er die Legitimation im Rechtsverkehr benötigt.
- Hinweis auf Treuhänderschaft: Der Umstand, dass der Administrator den Nachlass als Treuhänder für die gesetzlichen Erben zu verwalten hat, kann durch einen entsprechenden Hinweis im Erbschein zum Ausdruck gebracht werden.
- Kein Negativbeweis: Das Nachlassgericht darf vom Antragsteller nicht den Negativbeweis fordern, dass kein unbewegliches Vermögen zum Nachlass gehört, wenn es hierfür keine konkreten Anhaltspunkte gibt.
Was bedeutet das für die Praxis?
- Englische Erben sind keine deutschen Erben: Die Entscheidung macht den grundlegenden Unterschied zwischen englischem und deutschem Erbrecht deutlich. Der englische „administrator“ ist der einzige, der den Nachlass in Deutschland verwalten darf.
- Erbschein für die Legitimation: Der Erbschein dient allein der Legitimation des Nachlassinhabers im Rechtsverkehr.
Quellenangabe:
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.05.2025, Az.: I-3 W 86/25.Art. 10 Abs. 1 Buchst. a, Art. 21 Abs. 1, Art. 36 Abs. 1 u. 2 Buchst. a EuErbVO.§352 Abs. 1, §352e Abs. 1 FamFG.
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