Erbscheinsantrag: Was passiert bei fehlendem Testamentsvollstrecker?

Ein Urteil des OLG Hamm klärt: Wenn das Testament keinen Ersatz-Testamentsvollstrecker benennt und keinen Auftrag an das Nachlassgericht erteilt, ist dies kein Hinderungsgrund für die Erteilung eines Erbscheins.

In einem Erbscheinsverfahren kann die Bestellung eines Testamentsvollstreckers entscheidend sein. Was aber passiert, wenn das Testament zwar einen Testamentsvollstrecker benennt, dieser das Amt aber ablehnt? Muss das Nachlassgericht dann einen anderen Testamentsvollstrecker ernennen, bevor es den Erbschein erteilen kann? Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in einem Beschluss vom 3. Februar 2025 (Az.: 10 W 102/24) entschieden, dass das Fehlen eines Testamentsvollstreckers in diesem Fall kein Grund für die Ablehnung eines Erbscheinsantrags ist.

Der Fall: Benannter Testamentsvollstrecker lehnt das Amt ab

Ein Erblasser hatte in seinem Testament einen Testamentsvollstrecker benannt. Nach seinem Tod lehnte dieser das Amt jedoch ab. Das Testament enthielt keine Regelung, wer in diesem Fall als Ersatz-Testamentsvollstrecker eingesetzt werden sollte. Es gab auch kein Ersuchen an das Nachlassgericht, einen anderen Testamentsvollstrecker zu benennen.

Das Nachlassgericht lehnte den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins ab. Es vertrat die Auffassung, dass die Erbengemeinschaft aufgrund der Anordnung der Testamentsvollstreckung handlungsunfähig sei, da kein Nachfolger benannt wurde. Das OLG Hamm sah die Sache anders.

Die OLG-Entscheidung: Die Benennung eines Testamentsvollstreckers ist nur auf Antrag möglich

Das OLG Hamm hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf.

  1. Kein Ersuchen an das Nachlassgericht: Das Gericht stellte fest, dass es im Testament kein Ersuchen des Erblassers an das Nachlassgericht gab, einen Testamentsvollstrecker zu benennen.
  2. Kein Zwang zur Ernennung: Das Nachlassgericht ist nicht verpflichtet, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen, wenn der Erblasser dies nicht angeordnet hat.
  3. Fehlen eines Testamentsvollstreckers: Das Fehlen eines Testamentsvollstreckers ist kein Hinderungsgrund für die Erteilung eines Erbscheins. Der Erbschein ist eine Legitimationsurkunde, die die Erbenstellung nachweist.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil gibt wichtige Hinweise für die Nachlassplanung.

  • Ersatzerbenbenennung: Um die Handlungsfähigkeit des Nachlasses zu sichern, sollten Erblasser in ihrem Testament nicht nur einen Testamentsvollstrecker, sondern auch einen Ersatz-Testamentsvollstrecker benennen.
  • Ersuchen an das Nachlassgericht: Wenn Sie das Nachlassgericht mit der Benennung eines Testamentsvollstreckers beauftragen wollen, müssen Sie dies im Testament ausdrücklich anordnen.
  • Erbschein trotz fehlendem Testamentsvollstrecker: Die Erteilung eines Erbscheins ist auch dann möglich, wenn kein Testamentsvollstrecker vorhanden ist.

Quellenangabe:

OLG Hamm, Beschluss vom 03.02.2025, Az.: 10 W 102/24, BeckRS 2025, 16138.§2200 Abs. 1, §2202 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).§352b Abs. 2 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

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