Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ): Wer prüft die Einwände?
Das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) ist ein wichtiges Instrument, um die Abwicklung grenzüberschreitender Erbfälle zu erleichtern. Doch das Verfahren ist anspruchsvoll. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat in einem Beschluss vom 26. März 2025 (Az.: 2 Wx 134/24) – im Anschluss an ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) – die Rollen von Nachlassgericht und Beschwerdegericht bei der Prüfung von Einwänden geklärt.
I. Die Rolle des Nachlassgerichts: Keine Ausstellung bei Einwänden
Das OLG Köln bestätigt die restriktive Sichtweise des EuGH:
- Versagung bei Anhängigkeit: Das Nachlassgericht darf als Ausstellungsbehörde ein ENZ nicht erteilen, wenn Einwände gegen den zu bescheinigenden Sachverhalt anhängig sind ($Art. 67 \text{ Abs. } 1 \text{ UAbs. } 2 \text{ Buchst. a EuErbVO}$).
- Kein streitiges Verfahren: Das Verfahren zur Erteilung eines ENZ ist als konsensuales Verfahren konzipiert. Es soll nicht in ein streitiges Verfahren übergehen, da dies die Beschleunigung des Erbfalls behindern würde.
II. Die Rolle des Beschwerdegerichts: Prüfung der Begründetheit
Die Versagung des ENZ durch das Nachlassgericht ist jedoch nicht das Ende des Verfahrens. Das Beschwerdegericht ($Art. 72 \text{ EuErbVO}$) hat eine andere Rolle.
- Prüfungskompetenz: Das Beschwerdegericht ist befugt, die Begründetheit der Einwände zu prüfen, die der Ausstellung entgegenstehen. Das Gericht entscheidet also über die materielle Rechtslage.
- Konsequenz: Stellt das Beschwerdegericht fest, dass die Einwände unbegründet sind (z.B. weil sie „ins Blaue hinein“ behauptet wurden), kann es das Nachlassgericht anweisen, die Entscheidung neu zu prüfen und das ENZ auszustellen.
III. Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil ist ein wichtiger Hinweis für alle, die ein ENZ beantragen oder anfechten wollen.
- Zwei-Stufen-Prüfung: Der Prozess zur Erlangung eines ENZ ist ein Zwei-Stufen-Verfahren. Die erste Stufe (Ausstellung durch das Nachlassgericht) ist konsensual; die zweite Stufe (Beschwerde beim OLG) dient der materiellen Klärung.
- Vorsicht bei Einwänden: Ein Einwand gegen das ENZ stoppt zwar die Ausstellung, ist aber nur erfolgreich, wenn er auch materiell begründet ist.
- Alternative zum ENZ: Angesichts der Komplexität des ENZ-Verfahrens kann es in manchen Fällen sinnvoller sein, den deutschen Erbschein zu beantragen, da dieser die Rechtslage ebenfalls dokumentiert und das Verfahren weniger anfällig für Störungen ist.
Quellenangabe:
OLG Köln, Beschluss vom 26.03.2025, Az.: 2 Wx 134/24.
Art. 67, 72 Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO).
(Anschluss an EuGH, Urteil vom 23.01.2025 – C-187/23).
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