Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ): Wer prüft die Einwände im Streitfall?

Ein OLG-Urteil klärt: Ein EuGH-Urteil klärt, dass das Nachlassgericht ein ENZ nicht ausstellen darf, wenn Einwände anhängig sind. Das Beschwerdegericht muss jedoch die Begründetheit der Einwände prüfen.

Das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) ist ein wichtiges Instrument, um die Abwicklung grenzüberschreitender Erbfälle zu erleichtern. Doch im Streitfall stoppt ein Einwand die Ausstellung sofort. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem Beschluss vom 7. Juli 2025 (Az.: 21 W 126/24) entschieden, dass das ENZ nicht erteilt werden darf, solange Einwände gegen den zu bescheinigenden Sachverhalt anhängig sind.

I. Die Rolle des Nachlassgerichts: Das sofortige Stopp-Schild

Das OLG Köln schließt sich der restriktiven Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an:

  • Versagung bei Anhängigkeit: Das Nachlassgericht darf als Ausstellungsbehörde ein ENZ nicht erteilen, sobald Einwände gegen den zu bescheinigenden Sachverhalt anhängig sind ($Art. 67 \text{ Abs. } 1 \text{ UAbs. } 2 \text{ Buchst. a EuErbVO}$). Dies gilt selbst dann, wenn der Einwand unbegründet oder unsubstantiiert erscheint.

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  • Kein streitiges Verfahren: Das Verfahren zur Erteilung eines ENZ ist als konsensuales Verfahren konzipiert und soll nicht in ein streitiges Verfahren übergehen, da dies die Abwicklung verzögern würde.

II. Die Rolle des Beschwerdegerichts: Prüfung der Begründetheit

Die Versagung des ENZ durch das Nachlassgericht ist jedoch nicht das Ende des Verfahrens. Das Beschwerdegericht ($Art. 72 \text{ EuErbVO}$) hat eine andere Rolle:

  • Prüfungskompetenz: Das Beschwerdegericht ist befugt, die Begründetheit der Einwände zu prüfen, die der Ausstellung entgegenstehen. Das Gericht entscheidet also über die materielle Rechtslage.
  • Keine Heilung bei langwieriger Aufklärung: Das OLG Frankfurt am Main stellte jedoch klar, dass es dem Beschwerdegericht verwehrt ist, solche Einwände auszuräumen, die eine voraussichtlich langwierige und komplizierte Aufklärung (z.B. zu Vorgängen im Ausland und deren Beurteilung nach ausländischem Recht) erfordern würden. In solchen Fällen muss der Antrag zurückgewiesen werden.

III. Der Kostenhinweis

Da die Beschwerde erfolgreich war, muss über die Kosten entschieden werden. Die Kostenentscheidung erfolgt nach $\S\S 80, 81$ FamFG. Das OLG entschied, dass die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten nicht erhoben werden, da das Nachlassgericht die Entscheidung von vornherein nicht hätte erlassen dürfen.

Quellenangabe:

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.07.2025, Az.: 21 W 126/24.

Art. 67, 72 Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO).

(Anschluss an EuGH, Urteil vom 23.01.2025 – C-187/23).

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