Gemeinschaftliches Testament: Nicht zwangsläufig gegenseitige Erbeinsetzung

Ein gemeinschaftliches Testament bedeutet nicht automatisch gegenseitige Erbeinsetzung der Ehepartner. OLG München erklärt, was die Formulierung „nach unserem Tod“ bedeutet.

Ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten, das die Aufteilung des Nachlasses regelt, lässt viele annehmen, dass damit auch eine gegenseitige Erbeinsetzung festgelegt wurde. Doch dem ist nicht so. Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Beschluss vom 12. November 2019 (Az.: 31 Wx 183/19) klargestellt, dass die Formulierung „nach unserem Tod“ nicht zwingend eine gegenseitige Erbeinsetzung der Ehepartner bedeutet.

Der Fall: Auslegung der Formulierung „nach unserem Tod“

In einem handschriftlichen gemeinschaftlichen Testament hatten Ehegatten verfügt: „Wir, (Ehemann) und (Ehefrau), wollen, dass nach unserem Tod unser Sohn das Haus bekommt. Er muss aber unserer Tochter 35 % ausbezahlen. Wenn noch Geld vorhanden ist, bekommt jedes die Hälfte.“

Nach dem Tod der Ehefrau beantragte der Ehemann einen Alleinerbschein. Er argumentierte, dass die Formulierung "nach unserem Tod" darauf hindeute, dass die Eheleute sich zuerst gegenseitig als Erben einsetzen wollten, bevor der Nachlass an die Kinder übergeht.

Die Entscheidung des OLG München: Keine gegenseitige Erbeinsetzung per Auslegung

Das OLG München wies den Antrag des Ehemanns zurück. Die Richter erklärten, dass die Tatsache, dass Ehegatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament üblicherweise gegenseitig bedenken, kein ausreichender Anhaltspunkt für eine gegenseitige Erbeinsetzung ist.

  • Zweideutigkeit der Formulierung: Die Formulierung „nach unserem Tod“ könne ebenso gut so verstanden werden, dass die Eheleute lediglich den Erbfall des letztestverstorbenen Ehepartners regeln wollten.
  • Keine „kreative“ Auslegung: Das Gericht stellte klar, dass es nicht die Aufgabe der Gerichte sei, im Wege der Auslegung Verfügungen zu schaffen, die nicht ausdrücklich getroffen wurden, nur um eine Abwicklung des Erbfalls zu vereinfachen.

Bedeutung für die Praxis

Dieses Urteil ist ein wichtiger Hinweis für Erblasser und Erben:

  • Klarheit im Testament: Es ist entscheidend, den Willen der Ehegatten im Testament klar zu formulieren. Eine explizite gegenseitige Erbeinsetzung kann spätere Auslegungsstreitigkeiten verhindern.
  • Gefahr der gesetzlichen Erbfolge: Fehlt eine explizite gegenseitige Erbeinsetzung, kann im ersten Erbfall die gesetzliche Erbfolge eintreten. Dies kann zu unerwünschten Ergebnissen und Abwicklungsschwierigkeiten führen.

Bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments sollten Sie sich fachkundig beraten lassen, um sicherzustellen, dass Ihr letzter Wille eindeutig und rechtswirksam ist.

Quellenangabe:

OLG München, Beschluss vom 12.11.2019, Az.: 31 Wx 183/19, Abruf-Nr. 212516.

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