Gewerbesteuer-Anrechnung: Wem steht sie im Erbfall zu?
In Personengesellschaften, die der Gewerbesteuer unterliegen, kann der Gesellschafter diese auf seine Einkommensteuer anrechnen lassen (§35 EStG). Doch was passiert, wenn die Gesellschaft ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr hat und ein Gesellschafter in der Zeit zwischen dem Ende des Wirtschaftsjahres und dem Jahreswechsel verstirbt? Wem steht die Anrechnung zu? Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil vom 10. April 2025 (Az.: IV R 21/22) entschieden, dass für die Anrechnung auf den Zeitpunkt des Endes des Wirtschaftsjahres abzustellen ist.
Der Fall: Mitunternehmer stirbt vor dem Jahreswechsel
Das Wirtschaftsjahr einer Personengesellschaft endete am 30. Juni. Der Mitunternehmer C verstarb im August desselben Jahres. Erben waren seine Ehefrau und seine Tochter.
Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, dass für die Gewerbesteuer-Anrechnung auf den gewerbesteuerlichen Erhebungszeitraum, der mit Ablauf des Kalenderjahres endet, abzustellen sei. Demnach wäre die Anrechnung den Erben zugutegekommen.
Der BFH schloss sich dieser Ansicht nicht an.
Die BFH-Entscheidung: Maßgeblich ist das Ende des Wirtschaftsjahres
Der BFH urteilte, dass bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr die Verteilung des Steuerermäßigungsbetrags nach §35 EStG auf diejenigen Gesellschafter zu erfolgen hat, die zum Ende des Wirtschaftsjahres an der Gesellschaft beteiligt waren.
- Stichtag für die Anrechnung: Entscheidend ist also nicht das Ende des Kalenderjahres, sondern der Stichtag, an dem das Wirtschaftsjahr der Gesellschaft endet.
- Konsequenz für den Fall: Da der Mitunternehmer C am 30. Juni, also zum Ende des Wirtschaftsjahres, noch lebte, stand ihm und nicht seinen Erben die Anrechnung zu.
- Kein Wahlrecht: Ein Wahlrecht zwischen den beiden Zeitpunkten besteht nicht.
Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil ist ein wichtiger Hinweis für die Nachfolgeplanung von Personengesellschaften.
- Rechtssicherheit bei abweichendem Wirtschaftsjahr: Das Urteil schafft Rechtssicherheit für die Zuordnung der Gewerbesteuer-Anrechnung im Erbfall. Es macht die bisherige Verwaltungsauffassung, die auf das Kalenderjahr abstellte, hinfällig.
- Steuerliche Optimierung: In manchen Fällen kann die Anrechnung beim Erblasser günstiger sein, in anderen bei den Erben. Es ist ratsam, die Auswirkungen im Einzelfall zu prüfen.
- Anpassung der Unternehmensverträge: Die Anrechnungskriterien sollten bei der Gestaltung von Unternehmensverträgen berücksichtigt werden, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.
Quellenangabe:
BFH, Urteil vom 10.04.2025, Az.: IV R 21/22, Abruf-Nr. 248394.§35 Einkommensteuergesetz (EStG), §14 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG).
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