GmbH-Anteile vererbt: Wer zahlt die Abfindung bei Kündigung?

Ein Urteil des OLG München klärt, wer die Abfindung nach Kündigung eines GmbH-Anteils zahlt: Nicht die Gesellschaft, sondern der Mitgesellschafter, der den Anteil übernimmt.

Wenn ein GmbH-Anteil vererbt wird, können die Erben unter Umständen aus der Gesellschaft austreten. Die Gesellschaftssatzung sieht in solchen Fällen meist einen Abfindungsanspruch vor. Doch wer ist der Schuldner dieses Anspruchs? Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Urteil vom 16. Januar 2025 (Az.: 23 U 5949/22) klargestellt, dass die Abfindung in der Regel nicht von der Gesellschaft, sondern vom Mitgesellschafter zu zahlen ist, der den Anteil übernimmt.

Der Fall: Abfindungsanspruch nach Kündigung

Zwei Klägerinnen hatten gemeinschaftlich einen GmbH-Anteil geerbt. Nach Kündigung ihrer Mitgliedschaft verlangten sie vom einzigen verbleibenden Mitgesellschafter eine Abfindung. Die Satzung sah vor, dass der verbleibende Gesellschafter den Anteil übernehmen könne, die Gesellschaft selbst die Einziehung vornehmen könne. Der beklagte Mitgesellschafter hatte daraufhin beschlossen, den Anteil zu übernehmen.

Das OLG München wies die Klage zunächst als unbegründet ab, da ein erforderliches Schiedsgutachten noch nicht vorlag. Allerdings befasste sich das Gericht mit der grundlegenden Frage der Passivlegitimation.

Die OLG-Entscheidung: Der Erwerber zahlt die Abfindung

Das OLG München entschied, dass der Mitgesellschafter passivlegitimiert, also der richtige Anspruchsgegner ist.

  • Rechtslage bei Abtretung: Grundsätzlich schuldet die Gesellschaft die Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters. Wenn jedoch der Geschäftsanteil auf einen Mitgesellschafter oder einen Dritten übertragen wird, ist es der Erwerber, der die Abfindung schuldet.
  • Auslegung der Satzung: Das Gericht stellte fest, dass die Satzung der GmbH die Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters regelt. Aus der Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergab sich, dass die Parteien die Abfindung vom Erwerber zu zahlen hatten, um das Kapital der Gesellschaft nicht zu belasten.
  • Keine Haftung der GmbH: Hätte die Gesellschaft den Anteil eingezogen, wäre sie selbst zur Zahlung verpflichtet gewesen. Die Übernahme des Anteils durch den Mitgesellschafter führt aber dazu, dass dieser die Abfindung schuldet.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil ist von großer Bedeutung für die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, insbesondere in Familiengesellschaften.

  • Präzise Satzungsgestaltung: Gesellschaftsverträge sollten ausdrücklich regeln, wer im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters zur Abfindung verpflichtet ist – die Gesellschaft oder der Erwerber des Anteils.
  • Vermeidung von Streitigkeiten: Eine klare Regelung über den Schuldner des Abfindungsanspruchs kann langwierige und kostspielige Rechtsstreitigkeiten verhindern.
  • Schutz des Unternehmenskapitals: Eine Regelung, die die Abfindung durch den Erwerber statt durch die Gesellschaft vorsieht, schützt das Kapital der Gesellschaft.

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Quellenangabe:

OLG München, Urteil vom 16.01.2025, Az.: 23 U 5949/22, NZG 2025, 364.(Vgl. auch BGH, Urteil vom 04.08.2020, Az.: II ZR 171/19, DStR 2020, 2264).

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