Hofabfindung: Wie Einnahmen aus Windkraft den Hofeswert erhöhen

Ein OLG-Urteil klärt die Berechnung der Abfindung nach $\S 12$ HöfeO: Die Einnahmen aus vom Erblasser verpachteten Windkraftstandorten müssen als Zuschlag auf den Hofeswert berücksichtigt werden.

Die Abfindung weichender Erben im landwirtschaftlichen Erbrecht ($\S 12$ HöfeO) ist in der Regel auf das Eineinhalbfache des Einheitswerts des Hofes begrenzt. Dies soll den Hoferben schützen und die Existenzfähigkeit des Betriebs sichern. Doch diese Berechnung kann durch einen Zuschlag korrigiert werden, wenn die landwirtschaftlichen Flächen bereits vom Erblasser für gewerbliche Zwecke genutzt wurden. Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat in einem Beschluss vom 23. Mai 2025 (Az.: 60L WLw 4/23) entschieden, dass Einnahmen aus Windkraftstandorten den Hofeswert erhöhen.

I. Der Fall: Abfindung wegen Windkraftanlagen

Ein Hoferbe wurde testamentarisch zum Alleinerben des Hofes bestimmt. Die Tochter des Erblassers (weichende Erbin) forderte eine Abfindung und Zuschläge auf den Hofeswert. Der Erblasser hatte zu Lebzeiten langfristige Verträge mit Betreibern von Windkraftanlagen geschlossen, die eine erhebliche jährliche Pachtzahlung vorsahen.

Der Hoferbe argumentierte, die Einnahmen unterlägen lediglich der Nachabfindungspflicht ($\S 13$ HöfeO) und dürften nicht den Hofeswert erhöhen.

II. Die OLG-Entscheidung: Zuschlag im Zeitpunkt des Erbfalls

Das OLG Schleswig entschied, dass die künftigen Windkrafteinnahmen im Wege eines Zuschlags nach $\S 12$ Abs. 2 S. 3 HöfeO a.F. zu berücksichtigen sind.

  1. Abgrenzung Nachabfindung: Die Einnahmen fallen nicht unter die Nachabfindungspflicht, da die gewerbliche Nutzung (Vermietung als Windkraftstandort) bereits vom Erblasser begonnen wurde. Der höhere Wert der Fläche war damit schon im Zeitpunkt des Erbfalls vorhanden und dem Hoferben zugeflossen.
  2. Berechnung des Zuschlags: Der Zuschlag wird nach billigem Ermessen bestimmt und orientiert sich an den abgezinsten Zukunftserträgen aus den bestehenden, gesicherten Verträgen.
  3. Ausschluss von Optionserlösen: Unsichere Erlöse aus optionalen Vertragsverlängerungen bleiben bei der Berechnung des Zuschlags zunächst unberücksichtigt. Hier wird der weichende Erbe durch einen Feststellungsantrag abgesichert.
  4. Steuersatz: Bei der Kapitalisierung sind die zu erwartenden Erträge um die Ertragsteuerbelastung des Hoferben zu mindern. Der Senat entschied sich für einen Betrag, der eine angemessene Abbildung der künftigen steuerlichen Belastung darstellt.

III. Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil hat grundlegende Bedeutung für die Hoferbfolge in Regionen mit erneuerbaren Energien.

  • Hoher Abfindungsanspruch: Bereits zu Lebzeiten eingeräumte gewerbliche Nutzungen (z.B. Windkraft, Bauland) führen zu einem erheblich höheren Abfindungsanspruch des weichenden Erben.
  • Abgrenzung ist entscheidend: Die Abgrenzung zwischen einem Zuschlag nach $\S 12$ HöfeO (Zahlung sofort fällig) und Nachabfindung nach $\S 13$ HöfeO (Zahlung über 20 Jahre) hängt davon ab, wer die Nutzung veranlasst hat.
  • Pflichtteil wird teuer: Trotz der Beschränkung der Tochter auf den Pflichtteil, muss der Hoferbe einen hohen sechsstelligen Betrag sofort zahlen.

Quellenangabe:

OLG Schleswig, Beschluss vom 23.05.2025, Az.: 60L WLw 4/23.

$\S 12, \S 13$ Höfeordnung (HöfeO).

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