Inventarfrist: Schutz vor unbeschränkter Haftung – Aber nur, wenn kein Nachlassverzeichnis existiert

Ein Urteil des OLG Saarbrücken klärt: Hat ein Erbe bereits ein Nachlassverzeichnis vorgelegt, kann er keine Inventarfrist mehr beantragen. Das schützt vor der unbeschränkten Haftung.

Wer eine Erbschaft antritt, haftet grundsätzlich auch für alle Nachlassverbindlichkeiten. Um diese Haftung auf den Nachlass zu beschränken, kann ein Erbe ein sogenanntes Nachlassverzeichnis erstellen. Doch was, wenn der Erbe bereits ein solches Verzeichnis bei Gericht eingereicht hat und ein Nachlassgläubiger dennoch die Bestimmung einer Inventarfrist verlangt? Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken hat in einem Beschluss vom 25. Juni 2025 (Az.: 5 W 33/25) klargestellt, dass die Anordnung einer Inventarfrist in diesem Fall ausgeschlossen ist.

Der Fall: Nachlassverzeichnis liegt schon vor

Ein Nachlassgläubiger forderte das Nachlassgericht auf, dem Erben eine Inventarfrist zu bestimmen. Der Erbe hatte aber bereits vorab eine Kopie eines notariellen Nachlassverzeichnisses bei Gericht eingereicht und erklärt, dass dieses als Inventar gelten solle. Mit einer Inventarfrist will der Gläubiger den Erben dazu bringen, ein Nachlassinventar zu erstellen, das den Bestand des Nachlasses dokumentiert und ihn vor einer unbeschränkten Haftung bewahrt.

Das Nachlassgericht lehnte den Antrag des Gläubigers ab, da der Erbe bereits seiner Pflicht nachgekommen war. Der Gläubiger legte Beschwerde ein und argumentierte, das eingereichte Verzeichnis sei kein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Inventar.

Die OLG-Entscheidung: Keine Inventarfrist bei Vorliegen eines Verzeichnisses

Das OLG Saarbrücken wies die Beschwerde des Gläubigers als unbegründet zurück.

  1. Sinn und Zweck der Inventarfrist: Der Zweck der Inventarfrist ist, dem Nachlassgläubiger ein Mittel an die Hand zu geben, um sich einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen. Ist dieser Zweck bereits erfüllt, weil der Erbe ein Nachlassverzeichnis vorgelegt hat, ist eine Inventarfrist überflüssig.
  2. „Errichtung“ des Inventars: Die Einreichung des notariellen Nachlassverzeichnisses durch den Erben gilt als „Errichtung“ eines Inventars im Sinne des §1993 BGB. Ob das Verzeichnis inhaltliche Mängel aufweist, ist dabei zunächst irrelevant. Wichtig ist, dass eine Grundlage für eine Inventarerrichtung vorliegt.
  3. Haftungsbegrenzung: Der Erbe, der ein Inventar fristgerecht errichtet hat, kann seine Haftung auf den Nachlass beschränken.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil ist ein wichtiger Hinweis für Erben und Gläubiger gleichermaßen.

  • Rechtzeitiges Handeln: Erben können durch die rechtzeitige Erstellung und Einreichung eines Nachlassverzeichnisses, das den gesetzlichen Anforderungen entspricht, eine Inventarfrist und die damit verbundene Androhung einer unbeschränkten Haftung vermeiden.
  • Keine Inventarfrist nach Verzeichnis: Ein Nachlassgläubiger kann keine Inventarfrist mehr verlangen, wenn der Erbe bereits ein Nachlassverzeichnis beim Nachlassgericht eingereicht hat.
  • Inhaltliche Überprüfung: Ob das Nachlassverzeichnis inhaltlich korrekt und vollständig ist, ist eine andere Frage, die der Erbe im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung nach §2006 BGB zu klären hat.

Quellenangabe:

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25.06.2025, Az.: 5 W 33/25.§§ 1993, 1994, 2002, 2003, 2004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).§ 68 FamFG.

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