Konkurrenz im Erbfall: Wer hat die Rechtsmacht über den Nachlass?
Trifft ein Testamentsvollstrecker auf einen Betreuer oder Bevollmächtigten, entstehen oft Überschneidungen der Rechtsmacht, die den Erblasserwille behindern können. Die Klärung dieser Konkurrenz ist entscheidend für eine reibungslose Nachlassabwicklung. Der folgende Beitrag von Prof. Dr. Dr. h.c. Walter Zimmermann beleuchtet die komplexen Verhältnisse und gibt praktische Lösungshinweise.
I. Das Verhältnis Testamentsvollstrecker – Bevollmächtigter
Eine vom Erblasser erteilte postmortale Vollmacht zur Verwaltung des Vermögens konkurriert direkt mit der Anordnung einer Testamentsvollstreckung.
1. Zuerst Vollmacht, dann Testamentsvollstreckung
Liegt eine vom Erblasser ausgestellte Generalvollmacht vor (z.B. eine Bankvollmacht über den Tod hinaus), kann der Bevollmächtigte ab dem Tod die Erben vertreten.
- Lösung der Konkurrenzfrage: Die Vollmacht steht grds. selbstständig neben der Testamentsvollstreckung. Um Konflikte zu vermeiden, muss der Testamentsvollstrecker die Vollmacht nach Amtsannahme prüfen und konkurrierende Zuständigkeiten durch Widerruf der Vollmacht ganz oder teilweise beseitigen.
- Grenzen des Widerrufs: Eine vom Erblasser im Testament als Auflage festgelegte Unwiderruflichkeit der Vollmacht kann der Testamentsvollstrecker nicht aufheben.
- Bevollmächtigter mit mehr Rechten: Die Vollmacht kann dem Bevollmächtigten mehr Rechte einräumen als dem Testamentsvollstrecker (z.B. das Recht, unentgeltlich zu verfügen, was $\S 2205$ S. 3 BGB dem Testamentsvollstrecker verbietet).
2. Zuerst Testamentsvollstreckung, dann Vollmacht
Wird eine Vollmacht zeitlich nach der Ernennung eines Testamentsvollstreckers erteilt, kann dies eine Beschränkung der Testamentsvollstreckung darstellen. Dies ist aber nur dann wirksam, wenn die Beschränkung in der Form eines Testaments (handschriftlich oder notariell) erfolgt.
II. Das Verhältnis Testamentsvollstrecker – Betreuer
Wenn der Erbe selbst unter Betreuung steht (z.B. wegen einer Behinderung), überschneiden sich die Kompetenzen des Testamentsvollstreckers (privates Amt) und des Betreuers (gerichtliche Funktion).
BereichZuständigkeitAnmerkungNachlassverwaltungTestamentsvollstreckerVerdrängt den Betreuer in diesem Aufgabenkreis ($\S 2211$ BGB).EigenvermögenBetreuerTestamentsvollstrecker ist für das Eigenvermögen des Erben nicht zuständig.Annahme/AusschlagungBetreuerBetrifft die Erbenstellung. Zuständig ist der Betreuer (mit Genehmigung des Betreuungsgerichts bei Ausschlagung).Auskunft/RechenschaftBetreuerBetreuer übt die Rechte des Erben gegen den Testamentsvollstrecker aus.Pflichtteils-KlageBetreuerDie Klage muss gegen den Erben (vertreten durch den Betreuer) und nicht gegen den Testamentsvollstrecker gerichtet werden.
- Folge für das Betreuungsgericht: Das Betreuungsgericht muss den Aufgabenkreis des Betreuers ändern und seine Vertretungsmacht einschränken, soweit der Testamentsvollstrecker zuständig ist.
- Keine Aufsicht: Das Nachlassgericht führt keine Aufsicht über den Testamentsvollstrecker. Der Betreuer kann sich jedoch über den Testamentsvollstrecker beim Betreuungsgericht „beschweren“ und um Weisungen bitten.
Quellenangabe:
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter Zimmermann, „Das Konkurrenzverhältnis zwischen Testamentsvollstrecker und Bevollmächtigtem sowie Betreuer“, ZEV 2025, 709 ff.
$\S\S 168, 2202, 2211, 2226$ Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
$\S 1814$ Betreuungsgesetz (BtOG).
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