Kosten bei Erledigung: Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bei Stufenklagen
In einem Gerichtsverfahren kann es vorkommen, dass sich der Rechtsstreit erledigt, bevor ein Urteil ergeht. Die Parteien erklären dann übereinstimmend die sogenannte Erledigung ($\S 91a$ ZPO). Das Gericht muss in einem solchen Fall nur noch über die Kosten entscheiden – und zwar nach billigem Ermessen. Das Kammergericht (KG) Berlin hat in einem Beschluss vom 11. März 2025 (Az.: 23 W 6/25) klargestellt, dass es bei dieser Ermessensausübung einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch berücksichtigen kann.
Der Fall: Auskunft zu spät erteilt
Der Fall betraf eine Stufenklage, bei der zunächst Auskunft und Rechnungslegung (z.B. gegen einen ehemaligen Betreuer) gefordert wurde. Der Beklagte erteilte die Auskunft nach Klageerhebung, wodurch sich der Auskunftsantrag erledigte. Die Parteien erklärten den Rechtsstreit für erledigt.
Das KG Berlin musste entscheiden, wer die Kosten für die Klage tragen muss, obwohl der Kläger letztlich die Auskunft erhielt.
Die KG-Entscheidung: Verzug führt zur Kostenerstattung
Das Gericht entschied, dass der Beklagte die Kosten zu tragen hat, wenn er Veranlassung zur Klage gegeben hat.
- Billiges Ermessen: Im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärung entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen. Hierbei kann es einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung berücksichtigen.
- Verzug mit der Rechnungslegung: Der Anspruch auf Rechnungslegung (z.B. nach $\S 1872$ BGB) wird nach Ende der Betreuung fällig. Gerät der Schuldner (ehemaliger Betreuer) mit dieser Leistung in Verzug, entsteht ein materiell-rechtlicher Anspruch des Klägers auf Erstattung der Prozesskosten ($\S 280$ Abs. 1, $\S 286$ BGB).
- Keine Erledigung bei fehlendem Anspruch: Das Gericht stellte klar, dass kein Fall der Erledigung vorliegt, wenn sich durch die erteilte Auskunft herausstellt, dass der Leistungsanspruch (die zweite Stufe der Klage) von Anfang an nicht bestand.
Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil gibt wichtige Hinweise für alle, die eine Auskunft oder Rechnungslegung schulden.
- Rechtzeitige Auskunft ist entscheidend: Wer eine Auskunft schuldet, sollte diese fristgerecht erteilen. Andernfalls riskiert er, die Kosten eines Rechtsstreits tragen zu müssen, selbst wenn sich der Antrag später erledigt.
- Materiell-rechtlicher Anspruch beeinflusst die Kosten: Die Kostenentscheidung hängt nicht nur vom prozessualen Sachverhalt ab, sondern auch davon, ob ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Kostenerstattung (z.B. wegen schuldhafter Verzögerung) besteht.
- Vorsicht bei Stufenklagen: Bei Stufenklagen sollte der Schuldner die Auskunft erteilen, um den Verzug zu beenden und die Kostenlast zu minimieren.
Quellenangabe:
KG, Beschluss vom 11.03.2025, Az.: 23 W 6/25, BeckRS 2025, 17682.
$\S\S 280, 286, 1872
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