Kostenfestsetzung im Erbscheinverfahren: BGH zur Erstattung außergerichtlicher Kosten
Im Rahmen eines gerichtlichen Erbscheinverfahrens stellt sich häufig die Frage, ob die außergerichtlichen Kosten – also beispielsweise die Anwaltskosten – von der unterlegenen Partei getragen werden müssen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 23. April 2025 (Az.: IV ZB 18/24) klargestellt, dass die Erstattung solcher Kosten explizit in der Kostengrundentscheidung des Gerichts festgestellt werden muss. Eine nachträgliche Korrektur im Kostenfestsetzungsverfahren ist nicht möglich.
Der Fall: Streit um die Erstattung der Anwaltskosten
Zwei Geschwister stritten vor Gericht um die Einziehung eines Erbscheins, der einen der Brüder als Alleinerben auswies. Das Nachlassgericht wies den Antrag des ersten Bruders ab und ordnete an, dass er die „Kosten des Verfahrens“ zu tragen habe. Das OLG bestätigte diese Entscheidung.
Später beantragte der als Erbe anerkannte Bruder die Festsetzung seiner außergerichtlichen Kosten, die ihm durch den Anwalt entstanden waren. Das Nachlassgericht gab dem Antrag statt, doch der BGH stellte die Entscheidung für die erste Instanz auf den Prüfstand.
Die BGH-Entscheidung: Klare Kostengrundentscheidung ist erforderlich
Der BGH hob die Entscheidung für die erste Instanz auf und gab dem Rechtsmittelführer teilweise Recht. Die Begründung:
- Unklare Formulierung: Der BGH bestätigte, dass eine Formulierung wie „Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller“ in der ersten Instanz nicht automatisch bedeutet, dass auch die außergerichtlichen Kosten der anderen Beteiligten erstattet werden müssen.
- Keine nachträgliche Feststellung: Die Richter stellten klar, dass eine solche Feststellung nicht nachträglich im Kostenfestsetzungsverfahren getroffen werden kann. Die Kostengrundentscheidung selbst muss zweifelsfrei erkennen lassen, dass auch die Erstattung der außergerichtlichen Kosten mitumfasst ist.
- Hintergrund der Entscheidung: Im Familien- und Betreuungsverfahren (FamFG) können die Gerichte nach § 81 Abs. 1 FamFG die Kosten nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Fehlt eine klare Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten, trägt jeder Beteiligte seine eigenen Aufwendungen.
Wichtig: Für die Kosten der zweiten Instanz bestätigte der BGH jedoch, dass eine Kostenentscheidung nach § 84 FamFG, die die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels demjenigen auferlegt, der es eingelegt hat, regelmäßig auch die notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen der Gegenseite umfasst.
Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil ist für alle Anwälte und Beteiligten in familiengerichtlichen Verfahren, insbesondere im Erbrecht, von großer Bedeutung:
- Achten Sie darauf, dass die Kostengrundentscheidung des Gerichts im Tenor explizit feststellt, wer die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Gegenseite zu tragen hat.
- Eine unklare Formulierung in der ersten Instanz kann dazu führen, dass jeder seine eigenen Anwaltskosten selbst tragen muss.
- Bei der Einlegung eines Rechtsmittels sind die Kostenregelungen in der Regel großzügiger, aber auch hier ist eine genaue Prüfung der gerichtlichen Formulierung ratsam.
Benötigen Sie rechtliche Unterstützung im Erbrecht?
Unsere Experten stehen Ihnen zur Seite! Vereinbaren Sie jetzt eine Erstberatung und lassen Sie sich umfassend zu Ihren Rechten und Möglichkeiten beraten. Kontaktieren Sie uns noch heute!