Lebensversicherung: Wann der Versicherer die Auszahlung verweigern muss

Ein Urteil des OLG Saarbrücken klärt: Ein Lebensversicherer muss die Auszahlung an den Bezugsberechtigten nicht verweigern, selbst wenn Zweifel an dessen Berechtigung bestehen.

Im Todesfall eines Versicherungsnehmers wird die Versicherungssumme in der Regel an einen im Vertrag benannten Bezugsberechtigten ausgezahlt. Doch was passiert, wenn die Erben des Versicherungsnehmers behaupten, dass der Bezugsberechtigte nicht berechtigt sei, die Versicherungssumme zu erhalten? Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken hat in einem Beschluss vom 6. März 2025 (Az.: 5 W 32/24) klargestellt, dass ein Versicherer nicht verpflichtet ist, die Auszahlung an den Bezugsberechtigten zu verweigern.

Die drei Rechtsverhältnisse der Lebensversicherung

Das OLG Saarbrücken stellte klar, dass bei einer Lebensversicherung drei Rechtsverhältnisse bestehen:

  1. Deckungsverhältnis: Das Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer.
  2. Zuwendungsverhältnis: Das Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten.
  3. Valutaverhältnis: Das Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und den Erben.

Die Auszahlung der Versicherungssumme betrifft das Deckungsverhältnis. Der Versicherer ist verpflichtet, die Auszahlung an den Bezugsberechtigten zu leisten.

Die OLG-Entscheidung: Keine Pflicht zur Verweigerung der Auszahlung

Das OLG Saarbrücken bestätigte, dass ein Versicherer nicht verpflichtet ist, die Auszahlung der Lebensversicherungssumme an den Bezugsberechtigten zu verweigern, selbst wenn ihm Zweifel an dessen Berechtigung bekannt sind.

  • Befugnis zur Verweigerung: Ein Versicherer kann in Ausnahmefällen berechtigt sein, die Auszahlung unter Berufung auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung zu verweigern. Dies ist der Fall bei "offenkundigen und leicht nachweisbaren Mängeln des Valutaverhältnisses".
  • Keine Pflicht zur Verweigerung: Aus der Befugnis zur Verweigerung der Auszahlung ergibt sich jedoch keine Pflicht. Ein Versicherer, der von dieser Befugnis keinen Gebrauch macht, handelt nicht pflichtwidrig und ist daher nicht schadenersatzpflichtig.
  • Kein Erfordernis des Versicherungsscheins: Die Vorlage des Versicherungsscheins ist zudem keine zwingende Voraussetzung für die Auszahlung der Versicherungsleistung an die Bezugsberechtigten.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil gibt wichtige Hinweise für Erben und Bezugsberechtigte.

  • Erben müssen handeln: Wer als Erbe Zweifel an der Berechtigung des Bezugsberechtigten hat, muss dies selbst geltend machen und den Versicherer über die Mängel des Valutaverhältnisses informieren.
  • Rechtssicherheit für Versicherer: Das Urteil schafft Rechtssicherheit für Versicherer. Sie müssen die Auszahlung an den Bezugsberechtigten nicht verweigern und haften nicht gegenüber den Erben, wenn sie die Auszahlung vornehmen.

Quellenangabe:

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 06.03.2025, Az.: 5 W 32/24, BeckRS 2025, 4672.§130 Abs. 1 S. 2, §§242,280 Abs. 1, §518 Abs. 2, §662 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).§159 Versicherungsvertragsgesetz (VVG).§1b Abs. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG).§16 Abs. 1 Allgemeine Versicherungsbedingungen (ALB).

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