Miterbenstreit: Wann der Gegner die Kosten für einen eigenen Anwalt zahlen muss

Ein Miterbe kann bei Interessengegensätzen einen eigenen Anwalt beauftragen. Wir zeigen, wann die Anwaltskosten erstattet werden müssen und was die Berufsordnung dazu sagt.

In einem Erbschaftsstreit werden die Miterben oft gemeinsam verklagt. Üblicherweise beauftragen sie einen gemeinsamen Rechtsanwalt, dessen Kosten dann von der unterlegenen Partei erstattet werden. Doch was passiert, wenn die Miterben unterschiedliche Interessen verfolgen? Die Beauftragung eines eigenen Anwalts kann dann die einzige Möglichkeit sein, die eigenen Rechte zu wahren. Die Frage ist, ob diese zusätzlichen Kosten vom Gegner erstattet werden müssen.

Der Fall: Erhebliche Differenzen in der Erbengemeinschaft

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat sich mit dieser Frage beschäftigt und entschieden, dass die Beauftragung eines eigenen Anwalts durch eine Partei nicht rechtsmissbräuchlich ist, wenn erhebliche Interessengegensätze zwischen den Parteien bereits offen zutage liegen.

Das Gericht stellte fest, dass ein Anwalt aufgrund seiner Berufspflichten (§3 Berufsordnung für Rechtsanwälte - BORA) keinen Mandanten vertreten darf, wenn ein Interessenkonflikt besteht. Ist ein solcher Interessenkonflikt zwischen den Miterben bereits denkbar, ist es für einen Miterben nicht nur legitim, sondern sogar geboten, einen eigenen Anwalt zu beauftragen.

Erstattung der Kosten trotz getrennter Vertretung

Normalerweise werden die Kosten nur für eine gemeinsame anwaltliche Vertretung erstattet. Wenn jedoch die Umstände im Streitfall eine getrennte Vertretung rechtfertigen, müssen auch die Kosten für die separaten Anwälte erstattet werden.

Was bedeutet das für Miterben?

Dieses Urteil ist von großer Bedeutung für Miterben in einem Rechtsstreit:

  • Sorgfältige Prüfung der Interessen: Bevor Sie einen gemeinsamen Anwalt beauftragen, sollten Sie sorgfältig prüfen, ob es erhebliche Interessengegensätze innerhalb der Erbengemeinschaft gibt.
  • Denken Sie an die BORA: Ein Interessenkonflikt ist bereits dann denkbar, wenn die Miterben unterschiedliche strategische Ziele verfolgen (z.B. den Verkauf oder die Renovierung einer Nachlassimmobilie).
  • Kostenerstattung bei berechtigtem Grund: Wenn Sie einen eigenen Anwalt beauftragen, weil ein Interessenkonflikt besteht, besteht die Möglichkeit, dass der Gegner im Falle eines Erfolgs die Kosten für Ihren eigenen Anwalt tragen muss.

Quellenangabe:

OLG Hamburg, Beschluss vom 30.07.2025, Az.: 2 W 27/25, BeckRS 2025, 19480.§ 91 Abs. 2 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), § 3 Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA).

Benötigen Sie rechtliche Unterstützung im Erbrecht?

Unsere Experten stehen Ihnen zur Seite! Vereinbaren Sie jetzt eine Erstberatung und lassen Sie sich umfassend zu Ihren Rechten und Möglichkeiten beraten. Kontaktieren Sie uns noch heute!