Nacherbenvermerk im Grundbuch: Wie eine transmortale Vollmacht die Rechtslage ändert

Der BGH hat entschieden: Eine transmortale Vollmacht kann zur Vertretung von Vor- und Nacherben berechtigen und die Löschung eines Nacherbenvermerks im Grundbuch ermöglichen.

Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft dient dazu, das Vermögen über Generationen hinweg zu sichern. Um die Rechte des Nacherben zu schützen, wird im Grundbuch ein Nacherbenvermerk eingetragen. Dieser Vermerk schränkt die Verfügungsmacht des Vorerben erheblich ein. Doch was passiert, wenn der Erblasser zusätzlich eine transmortale Generalvollmacht erteilt hat? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 22. Mai 2025 (Az.: V ZB 46/24) für mehr Klarheit gesorgt.

Der Fall: Löschung des Nacherbenvermerks durch Bevollmächtigte

Ein Erblasser hatte seine Ehefrau als Vorerbin und deren Abkömmlinge als Nacherben eingesetzt. Zudem erteilte er zwei Dritten eine über seinen Tod hinaus wirksame Generalvollmacht. Nachdem die Vorerbin im Grundbuch eingetragen und ein Nacherbenvermerk vermerkt worden war, bewilligten die Generalbevollmächtigten die Löschung dieses Vermerks. Das Grundbuchamt lehnte den Antrag ab. Es argumentierte, eine transmortale Vollmacht könne nur zur Vertretung des Vorerben, nicht aber zur Vertretung der Nacherben berechtigen.

Die BGH-Entscheidung: Eine Vollmacht kann Vor- und Nacherben vertreten

Der BGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und stellte klar:

  1. Vertretung von Vor- und Nacherben: Der Erblasser kann einen Dritten mit einer transmortalen Vollmacht dazu ermächtigen, sowohl die Vor- als auch die Nacherben zu vertreten. Ob dies der Fall ist, muss durch Auslegung der Vollmachtserklärung ermittelt werden.
  2. Umfassende Generalvollmacht: Der BGH entschied, dass eine einem Dritten erteilte transmortale Generalvollmacht im Zweifel auch die Vertretung des Nacherben umfasst. Eine Einschränkung dieses Umfangs, nur weil die Nacherben in der Vollmachtsurkunde nicht explizit erwähnt wurden, sei rechtsfehlerhaft.
  3. Zweck der Vollmacht: Eine transmortale Vollmacht soll gerade Nachweisschwierigkeiten und Verzögerungen vermeiden, die durch die komplexe Erbenkonstellation entstehen können. Sie sichert die Handlungsfähigkeit des Nachlasses, insbesondere wenn die Nacherben noch minderjährig oder unbekannt sind.
  4. Keine Aushöhlung des Nacherbenschutzes: Der BGH erkennt an, dass eine solche Vollmacht den Nacherbenschutz schwächen kann. Dies ist jedoch hinzunehmen, da die Nacherben ihre Rechte vom Erblasser ableiten, der sie bewusst einer solchen Beschränkung unterworfen hat.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die Nachlassplanung:

  • Starkes Gestaltungsmittel: Die transmortale Generalvollmacht ist ein mächtiges Instrument, um auch in komplexen Nacherbenkonstellationen die Handlungsfähigkeit über den Nachlass zu sichern.
  • Vollmacht als Alternative: Sie kann teure und langwierige Verfahren zur Bestellung eines Pflegers für die Nacherben überflüssig machen.
  • Sorgfältige Formulierung: Um die volle Wirkung zu entfalten, sollte eine Vollmacht umfassend formuliert und notariell beurkundet werden.
  • Löschung des Vermerks: Eine grundbuchrechtliche Löschung des Nacherbenvermerks allein macht das Grundstück nicht nacherbenfrei. Sie ermöglicht aber einen gutgläubigen Erwerb und vereinfacht den Rechtsverkehr.

Quellenangabe:

BGH, Beschluss vom 22.05.2025, Az.: V ZB 46/24.§§133,157,168,2112,213ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).§§19,51 Grundbuchordnung (GBO).

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