Nachlasspfleger-Vergütung: Die tückische Feststellung der Berufsmäßigkeit
Die Vergütung eines Nachlasspflegers ist oft ein Streitpunkt, insbesondere wenn der Nachlass groß ist und die Tätigkeit komplex. Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 2. Februar 2021 (Az.: 20 W 183/19) verdeutlicht, welche formellen Fehler zu erheblichen finanziellen Einbußen führen können. Das Gericht stellte klar, dass ein Nachlasspfleger, dessen Berufsmäßigkeit vom Nachlassgericht nicht explizit festgestellt wurde, bei der Vergütung so behandelt wird, als wäre er ehrenamtlich tätig.
Der Fall: Streit um den Stundensatz
Ein erfahrener Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht wurde als Nachlasspfleger eingesetzt. Er rechnete seine Tätigkeit mit einem Stundensatz von 150 € zzgl. Mehrwertsteuer ab, was ihm das Nachlassgericht zunächst auch bewilligte.
Ein Erbe legte Beschwerde ein. Er argumentierte, der Nachlasspfleger habe ineffizient gearbeitet und zudem sei seine Vergütung überhöht. Das OLG Frankfurt prüfte den Fall und kam zu einem überraschenden Ergebnis: Die Vergütung des Nachlasspflegers wurde von ursprünglich 4.819,50 € auf nur 880 € gekürzt.
Die OLG-Entscheidung: Fehlende Feststellung führt zu Kürzung
Der entscheidende Punkt war, dass der Nachlasspfleger bei seiner Bestellung nicht offiziell als „berufsmäßig“ bestellt worden war.
- Konstitutive Wirkung der Feststellung: Nach der Rechtsprechung des BGH muss die Feststellung, dass eine Pflegschaft berufsmäßig geführt wird, bereits bei der Bestellung durch das Gericht erfolgen. Diese Feststellung ist für den Vergütungsanspruch eines Berufspflegers konstitutiv, also rechtserzeugend.
- Keine nachträgliche Feststellung: Eine nachträgliche Feststellung ist ausgeschlossen, selbst wenn das Versäumnis auf einem Fehler des Gerichts beruht. Wer die Feststellung vermisst, muss Beschwerde gegen den Bestellungsbeschluss einlegen.
- Kürzung von Kanzleikosten und Umsatzsteuer: Da der Nachlasspfleger rechtlich als nicht berufsmäßig galt, konnten weder die Kosten für den Unterhalt seiner Anwaltskanzlei noch die Umsatzsteuer berücksichtigt werden. Das OLG setzte einen Stundensatz von 40 € als angemessen an – ein Bruchteil des geforderten Satzes.
Wichtige Hinweise für die Praxis
Dieses Urteil ist eine deutliche Warnung an alle, die als Nachlasspfleger oder in ähnlicher Funktion tätig sind.
- Formelles ist entscheidend: Auch für erfahrene Anwälte und Fachleute ist die Einhaltung formaler Anforderungen unerlässlich. Ein fehlender Vermerk im Bestellungsbeschluss hat erhebliche finanzielle Folgen.
- Verteidigung nicht abrechenbar: Das Gericht stellte klar, dass die Zeit, die der Nachlasspfleger für seine eigene Verteidigung gegen Vorwürfe des Erben aufwendet, nicht als abrechenbare Tätigkeit gilt.
- Stundensatz: Der Stundensatz für eine nicht berufsmäßig geführte Pflegschaft liegt deutlich unter dem eines professionellen Dienstleisters, da Kosten für Kanzleibetrieb und Umsatzsteuer nicht anfallen.
Quellenangabe:
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.02.2021, Az.: 20 W 183/19.§§ 1836 Abs. 1 und 2, 1915 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
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