Notarielles Nachlassverzeichnis: Wertermittlung schon auf Auskunftsstufe einklagbar

Ein Urteil des LG Köln klärt, dass der Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis auch nach Vorlage eines privaten Verzeichnisses besteht und die Wertermittlung unstreitiger Gegenstände frühzeitig eingeklagt werden kann.

Der Pflichtteilsberechtigte hat einen Anspruch auf umfassende Auskunft über den Nachlass. Dieser Anspruch umfasst die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses und die Wertermittlung der Nachlassgegenstände. Das Landgericht (LG) Köln hat in einem Teilurteil vom 22. April 2025 (Az.: 36 O 169/24) entschieden, dass der Anspruch auf Wertermittlung bereits auf der ersten Stufe einer Stufenklage tenoriert werden kann, wenn die Nachlasszugehörigkeit des Gegenstands unstreitig ist.

I. Der Anspruch auf das notarielle Nachlassverzeichnis

Der Pflichtteilsberechtigte hat einen Anspruch auf die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses (§2314 Abs. 1 BGB).

  • Kein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis: Der Anspruch besteht auch dann, wenn der Erbe zuvor bereits ein privates Nachlassverzeichnis vorgelegt hat. Ein privates Verzeichnis bietet nicht die gleiche Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit wie ein notarielles.
  • Umfassende Ermittlungspflicht des Notars: Der Notar muss zur Ermittlung von Schenkungen und Zuwendungen die vollständigen Kontounterlagen bzw. Kontoauszüge des Erblassers sichten und anfordern. Der Pflichtteilsberechtigte muss keine konkreten Anhaltspunkte für Schenkungen vortragen.

II. Wertermittlung schon auf Auskunftsstufe

Die Wertermittlung ist in der Regel die zweite Stufe einer Stufenklage. Das Gericht stellte hier eine wichtige Ausnahme fest:

  • Unstreitige Gegenstände: Ist die Nachlasszugehörigkeit eines bestimmten Gegenstands unstreitig, kann der Wertermittlungsanspruch (z.B. für eine Immobilie) bereits auf der Auskunftsstufe tenoriert werden.
  • Umfang des Anspruchs: Der Wertermittlungsanspruch kann auf die Vorlage von Unterlagen (z.B. Grundbuchauszüge) und eines Bewertungsgutachtens gerichtet sein.

III. Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil gibt wichtige Hinweise für Pflichtteilsprozesse.

  • Rechtssicherheit für Pflichtteilsberechtigte: Pflichtteilsberechtigte können die Wertermittlung für unstreitige Nachlassgegenstände frühzeitig einklagen, was das Verfahren beschleunigt.
  • Erben müssen kooperieren: Erben müssen die vollständigen Unterlagen (insbesondere Kontoauszüge) offenlegen, da der Notar zur Ermittlung von Zuwendungen verpflichtet ist.

Quellenangabe:

LG Köln, Teilurteil vom 22.04.2025, Az.: 36 O 169/24, BeckRS 2025, 17683.§2314 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).§93 Zivilprozessordnung (ZPO).

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