Patientenverfügung: Schützt sie vor ärztlichen Zwangsmaßnahmen?
Die Patientenverfügung ist ein zentrales Instrument der Selbstbestimmung. Sie ermöglicht es, den eigenen Willen für den Fall festzuhalten, dass man nicht mehr in der Lage ist, Entscheidungen selbst zu treffen. Doch gilt diese Verfügung auch, wenn eine ärztliche Zwangsbehandlung eines Betreuten ansteht?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 7. Mai 2025 (Az.: XII ZB 24/25) klargestellt, dass eine wirksame Patientenverfügung ($\S 1827$ Abs. 1 BGB n.F.) der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme entgegensteht.
I. Bindungswirkung der Patientenverfügung
Eine Patientenverfügung ist für den Betreuer und die Ärzte bindend, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:
- Sie muss wirksam errichtet worden sein.
- Sie muss eine Regelung zu Zwangsbehandlungen enthalten.
- Sie muss in der konkreten Behandlungssituation Geltung beanspruchen (also die aktuelle Situation erfassen).
II. Maßstab für die Wirksamkeit: Einsichts- statt Geschäftsfähigkeit
Entscheidend für die Wirksamkeit einer Patientenverfügung ist nicht die formale Geschäftsfähigkeit des Betroffenen ($\S 104$ BGB), sondern seine Einwilligungsfähigkeit.
- Natürliche Einsichtsfähigkeit: Maßgeblich ist allein die natürliche Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Betroffenen im Zeitpunkt der Errichtung der Patientenverfügung.
- Grundrecht auf Selbstbestimmung: Diese Unterscheidung ist im Sinne des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung ($Art. 2 \text{ Abs. } 2 \text{ Satz } 1 \text{ GG}$) geboten. Wer die Tragweite seiner Entscheidung über die medizinische Behandlung verstehen und seinen Willen bilden kann, kann eine wirksame Patientenverfügung errichten.
III. Was bedeutet das für die Praxis?
- Prüfung des Inhalts: Ärzte und Betreuer müssen sorgfältig prüfen, ob die Patientenverfügung die konkrete Behandlungsform (z.B. Zwangsmedikation) erfasst.
- Kein Zwang bei klarem Willen: Liegt eine wirksame Patientenverfügung vor, ist eine Zwangsbehandlung grundsätzlich ausgeschlossen, selbst wenn der Betreuer die Behandlung für notwendig hält.
Quellenangabe:
BGH, Beschluss vom 07.05.2025, Az.: XII ZB 24/25, BeckRS 2025, 15965.
$\S 1827$ Abs. 1 S. 1, $\S 104$ Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
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