Pflichtteil: Keine Wertermittlungsklage bei paralleler Zahlungsklage
Der Pflichtteilsberechtigte hat einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlass. Um seinen Zahlungsanspruch zu beziffern, kann er eine Stufenklage erheben, die mit der Auskunft und Wertermittlung beginnt. Doch was passiert, wenn der Pflichtteilsberechtigte den Wert des Nachlasses schätzt und direkt auf Zahlung klagt? Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat in einem Beschluss vom 25. Juni 2025 (Az.: 8 U 18/25) entschieden, dass in diesem Fall einer parallel erhobenen Wertermittlungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
I. Der Fall: Schätzung des Pflichtteils und doppelte Klage
Im vorliegenden Fall entschied sich ein Pflichtteilsberechtigter bewusst gegen die Erhebung einer Stufenklage. Stattdessen schätzte er den Wert einer Immobilie im Nachlass und klagte unmittelbar auf Zahlung des Pflichtteils. Parallel dazu erhob er eine separate Klage auf Wertermittlung der Immobilie durch ein Gutachten.
II. Die OLG-Entscheidung: Der Zweck der Wertermittlung ist entfallen
Das OLG Zweibrücken wies die Wertermittlungsklage ab.
- Zweck der Wertermittlungsklage: Der Sinn einer Wertermittlungsklage ($\S 2314$ Abs. 1 S. 2 BGB) besteht lediglich darin, dem Pflichtteilsberechtigten zu ermöglichen, den Wert seines Anspruchs besser einschätzen und beziffern zu können.
- Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis: Da der Pflichtteilsberechtigte bereits im Parallelverfahren eine Schätzung vorgenommen und unmittelbar auf Zahlung geklagt hatte, war der Zweck der Wertermittlungsklage – die Schätzung des Anspruchs – entfallen.
- Verbindliche Bezifferung im Leistungsverfahren: Eine verbindliche und exakte Bezifferung des Anspruchs kann nur im Verfahren über den Zahlungsanspruch erfolgen, in dem ohnehin ein Gutachten zur Wertermittlung eingeholt werden muss.
III. Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil gibt wichtige Hinweise für Pflichtteilsprozesse.
- Wahl der Klageart: Der Pflichtteilsberechtigte muss sich entscheiden: Entweder er nutzt die Stufenklage (beginnend mit Auskunft und Wertermittlung) oder er wählt die unmittelbare Zahlungsklage (unter Schätzung des Anspruchs).
- Keine doppelten Verfahren: Die Kombination einer Zahlungsklage mit einer separaten Wertermittlungsklage ist prozessual unzulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Quellenangabe:
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.06.2025, Az.: 8 U 18/25, BeckRS 2025, 17804.
$\S 2314$ Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
$\S 91a$ Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO).
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