Reform des Vormundschaftsrechts: Was ändert sich für Familienunternehmen?
Die Übertragung von Anteilen an Familienunternehmen auf minderjährige Kinder ist eine beliebte Strategie zur Nachfolge- und Steuerplanung. Doch diese Praxis ist mit erheblicher Rechtsunsicherheit verbunden. Die geplante Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, die am 1. Januar 2023 in Kraft treten soll, wird in diesem Bereich einige wichtige Änderungen mit sich bringen. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Herausforderungen und Neuerungen.
Vertretung des Minderjährigen: Wann ein Ergänzungspfleger nötig ist
Minderjährige werden grundsätzlich von ihren Eltern vertreten. Eine Vertretung durch die Eltern ist jedoch ausgeschlossen, wenn ein Interessenkonflikt besteht, beispielsweise, wenn die Eltern selbst an dem Rechtsgeschäft beteiligt sind. In diesem Fall muss ein Ergänzungspfleger bestellt werden, der das Kind vertritt.
- Derzeitige Rechtslage: Die Frage, ob ein Ergänzungspfleger erforderlich ist, ist besonders komplex. Zwar nimmt die herrschende Meinung eine teleologische Reduktion des Vertretungsverbots an, wenn das Geschäft für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Die Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils oder eines Kommanditanteils wird jedoch häufig als rechtlich nachteilhaft eingestuft, da sie mit Rechten und Pflichten verbunden ist.
- Auswirkungen der Reform: Auch wenn die Reform die rechtliche Grundlage ändert, bleibt die Notwendigkeit, einen Ergänzungspfleger zu bestellen, in vielen Fällen bestehen. Die neuen Regelungen sollen jedoch die Abgrenzung klarer gestalten.
Gerichtliche Genehmigung: Der neue Katalog der genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte
Bisher war die gerichtliche Genehmigung für die Beteiligung Minderjähriger an Unternehmen nicht immer klar geregelt. Mit der Reform werden die Vorschriften jedoch grundlegend überarbeitet:
- Übertragung von Anteilen: Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen soll zukünftig generell genehmigungsbedürftig sein (§1852 Nr. 1 Buchst. b BGB n.F.). Dies bedeutet eine erhebliche Änderung für die Schenkung von GmbH-Anteilen, die bisher oft als genehmigungsfrei galt.
- Haftungsregelungen: Die mit einer Beteiligung verbundenen gesetzlichen Nebenfolgen, wie eine persönliche Haftung, sollen künftig nicht mehr unter das Genehmigungserfordernis fallen (§1854 Nr. 4 BGB n.F.). Dies schafft mehr Klarheit und führt dazu, dass die Haftungsverhältnisse bei Gründung und Anteilsübertragung in Zukunft weniger relevant für die Genehmigungsfrage sein werden.
Vorgehensweise und Praxis-Hinweise
Angesichts der komplexen Rechtslage empfiehlt sich in Zweifelsfällen die vorsorgliche Einholung einer Genehmigung. Ein sogenanntes Negativattest, das die Genehmigungsfreiheit bestätigt, bietet keine ausreichende Sicherheit. Es ist auch ratsam, einen Ergänzungspfleger zu bestellen, wenn die Vertretungsbefugnis der Eltern in Frage steht.
Die Reform wird die Beteiligung Minderjähriger an Familienunternehmen vereinfachen, indem sie die gesetzlichen Voraussetzungen klarer definiert. Dennoch bleibt eine sorgfältige Planung und professionelle Beratung unerlässlich, um die steuerlichen Vorteile zu sichern und rechtliche Fallstricke zu vermeiden.
Quellenangabe:
Dr. Rüdiger Werner, "Folgen der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts für die Beteiligung von Minderjährigen an Familienunternehmen", ZEV 2021, 618 ff.§§ 1629, 1795, 181 ,1909 BGB; §§ 1852, 1854 BGB n.F.. §§ 24, 31 Abs. 3 GmbHG; §§ 128, 130, 176 Abs. 2 HGB.
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