Schenkungen: Flexible Rückforderungsrechte als Gestaltungsinstrument
Die Übertragung von Vermögen zu Lebzeiten ist ein zentraler Bestandteil der Nachlassplanung. Viele Schenker zögern jedoch, sich endgültig von ihrem Vermögen zu trennen. Sogenannte Rückforderungs- oder Widerrufsvorbehalte bieten hier eine Lösung. Wie ein Fachbeitrag von Dr. Thomas Stein zeigt, kann die Vereinbarung von freien Rückforderungsrechten ein effektives Instrument sein, um Flexibilität zu wahren und dennoch schenkungsteuerliche Vorteile zu nutzen.
Rückforderungsrechte: Katalog versus freies Recht
Es gibt zwei Arten von Rückforderungsrechten:
- Rückforderungskatalog: Der Schenker legt im Vertrag bestimmte, abschließende Gründe fest, bei deren Eintritt er die Schenkung zurückfordern kann (z.B. Tod des Beschenkten, Ehescheidung, Insolvenz).
- Freies Rückforderungsrecht: Der Schenker kann die Schenkung ohne Angabe von Gründen zurückfordern. Dieses Recht bietet ein Höchstmaß an Flexibilität und kann insbesondere bei „dienenden Schenkungen“, bei denen der Schenker eine Gegenleistung in Form von Pflege oder Betreuung erwartet, sinnvoll sein.
Steuerliche Aspekte: Was Sie beachten sollten
Die Vereinbarung von Rückforderungsrechten hat erhebliche Auswirkungen auf die Steuern:
- Schenkungsteuer: Ein Rückforderungsrecht ist eine Belastung, die den Wert der Schenkung mindert. Bei Ausübung des Rechts entfällt die Schenkungsteuer rückwirkend. Schenkungen unter freiem Rückforderungsvorbehalt sind eine anerkannte Gestaltungsmaßnahme, um Freibeträge auszunutzen.
- Erbschaftsteuer: Bei der Übertragung von Betrieben und Mitunternehmeranteilen kann ein freies Rückforderungsrecht jedoch die steuerliche Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG gefährden. Dies gilt nicht für die Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen.
- Ertragsteuer: Bei einem freien Rückforderungsrecht kann das wirtschaftliche Eigentum beim Schenker verbleiben. Die Einkünfte aus dem geschenkten Gegenstand werden dann weiterhin dem Schenker zugerechnet und bei ihm versteuert.
Pflichtteilsergänzung: Wann die 10-Jahres-Frist nicht läuft
Schenkungen sind in der Regel für zehn Jahre nach dem Vollzug für die Pflichtteilsergänzung relevant. Danach beginnt eine Abschmelzung von 10 % pro Jahr. Ein Rückforderungsrecht, das dem Schenker den Genuss am Schenkungsgegenstand erhält, kann den Lauf dieser Frist stoppen. Ob ein freies Rückforderungsrecht den Fristlauf verhindert, ist umstritten, doch das Risiko, dass Gerichte dies bejahen, muss einkalkuliert werden.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Freie Rückforderungsrechte sind ein nützliches, aber auch risikoreiches Instrument. Sie sollten nur nach sorgfältiger Abwägung aller zivil-, erb- und steuerrechtlichen Konsequenzen vereinbart werden.
- Katalog statt freies Recht: Im Zweifel ist ein Katalog an Rückforderungsgründen dem freien Rückforderungsrecht vorzuziehen, um Rechtssicherheit zu schaffen.
- Präzise Formulierung: Die vertragliche Ausgestaltung ist entscheidend. Sie sollten regeln, was mit Nutzungen und Verwendungen im Rückforderungsfall geschehen soll.
- Professionelle Beratung: Die Entscheidung für oder gegen ein Rückforderungsrecht sollte in Absprache mit einem Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht getroffen werden.
Quellenangabe:
Dr. Thomas Stein, „Freie Rückforderungsrechte von Schenkungen als probates Mittel in der Gestaltungspraxis“, ZEV 2025, 247 ff.§2325 Abs. 3, §29 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).§14,§16,§13a,§13b Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG).§16 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG).BFH, Urteil vom 09.05.2025, Az.: IX R 4/23.
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