Testament eines Niederländers in Deutschland: Formelle und materielle Wirksamkeit

Ein Urteil des OLG Oldenburg bestätigt: Ein von einer niederländischen Notaranwärterin in Deutschland beurkundetes Testament ist wirksam, auch wenn der Notar gegen seine Berufsregeln verstößt.

Die Gestaltung eines Testaments mit Auslandsbezug ist komplex, insbesondere wenn die Beurkundung nicht im Heimatland des Erblassers erfolgt. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg vom 12. Februar 2025 (Az.: 3 U 18/24) hat dazu wichtige Klarstellungen getroffen. Das OLG hat entschieden, dass ein von einer niederländischen Notaranwärterin in Deutschland beurkundetes Testament weder nichtig noch unwirksam ist, obwohl die Notaranwärterin gegen ihre Berufsordnung verstoßen hat.

Der Fall: Auslandsbeurkundung und Erbenstreit

Ein niederländischer Erblasser, der in Deutschland lebte, verfasste ein notarielles Testament. Er wählte niederländisches Erbrecht und setzte seine ehemalige Ehefrau zur Alleinerbin ein. Die Beurkundung fand in Deutschland vor einer niederländischen Notaranwärterin statt.

Nach dem Tod des Erblassers focht der Enkel, der durch ein früheres Testament begünstigt war, das neue Testament an. Er argumentierte, die Beurkundung sei unwirksam, da ein niederländischer Notar nicht in Deutschland tätig werden dürfe. Die Missachtung des sogenannten Territorialitätsprinzips sei so schwerwiegend, dass die Urkunde ungültig sei.

Die OLG-Entscheidung: Der Grundsatz des „favor testamenti“ hat Vorrang

Das OLG Oldenburg wies die Klage ab. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit dem Grundsatz des „favor testamenti“, der den Willen des Erblassers so weit wie möglich schützen soll.

  1. Formelle Wirksamkeit nach EuErbVO: Die formelle Wirksamkeit des Testaments richtet sich nach dem Haager Testamentsformübereinkommen (HTestformÜ), das die Anwendung des Rechts des Heimatstaates zulässt. Da das Testament die Formvorschriften des niederländischen Rechts einhielt, war es formell wirksam.
  2. Keine Nichtigkeit durch standeswidriges Verhalten: Das Gericht stellte klar, dass der Verstoß der Notarin gegen das Territorialitätsprinzip zwar ein standeswidriges Verhalten darstellt, dies aber nicht zur Nichtigkeit des Testaments führt. Die Sanktionen für solches Verhalten sind berufsrechtlicher Natur (z.B. Bußgeld).
  3. Kein Verstoß gegen den Ordre Public: Die Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zum deutschen Ordre Public, der die Anwendung ausländischen Rechts nur dann ausschließt, wenn es wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widerspricht. Eine Auslandsbeurkundung verletzt keine wesentlichen Grundsätze des deutschen Rechts.
  4. Materielle Wirksamkeit: Das Gericht sah auch keine Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit des Erblassers. Die materielle Wirksamkeit des Testaments blieb daher bestehen.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil ist ein wichtiger Hinweis für alle, die ein Testament mit internationalem Bezug errichten.

  • Rechtswahl ist entscheidend: Sie können in Ihrem Testament das Erbrecht Ihres Heimatstaates wählen, auch wenn Sie in Deutschland leben.
  • Formvorschriften beachten: Es ist entscheidend, dass die Formvorschriften des gewählten Erbrechts eingehalten werden.
  • Schutz des Erblasserwillens: Das Urteil stärkt den Grundsatz, dass der Wille des Erblassers so weit wie möglich geschützt werden soll, auch bei komplexen Sachverhalten.

Quellenangabe:

OLG Oldenburg, Urteil vom 12.02.2025, Az.: 3 U 18/24.EuErbVO Art. 22, 27, 35, 75.HTestformÜ Art. 1, 8, 15.niederl. BW Art. 3:39, Art. 4:109, Art. 109:4.niederl. Wet op het notarisambt Art. 13.

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