Testament: Wann die Bedingung „auf den Reisen etwas passieren“ nicht greift
Die Auslegung eines Testaments, das eine Erbeinsetzung unter einer Bedingung regelt, ist oft schwierig. Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte in einem Beschluss vom 7. Oktober 2025 (Az.: 33 Wx 25/25 e) die Frage zu klären, ob die Klausel „Sollte mir und meinem Bruder auf den Reisen etwas passieren“ die Erbeinsetzung nur an ein Unglück knüpft oder eine Regelung für den Fall des Vor- oder Mitversterbens des Bruders darstellt.
I. Der Fall: Bedingte Erbeinsetzung und Nachversterben
Eine ledige, kinderlose Erblasserin (E) setzte F in ihrem handschriftlichen Testament als Alleinerbin ein. Die Erbeinsetzung war an die Bedingung geknüpft: „Sollte mir und meinem Bruder auf den Reisen etwas passieren, ist F meine Alleinerbin.“ Der Bruder überlebte die Erblasserin jedoch um ein Jahr. Die Frage war, ob F Erbin wurde oder ob gesetzliche Erbfolge eintrat.
II. Die OLG-Entscheidung: Die Bedingung meint das Vorversterben
Das OLG München kam zu dem Ergebnis, dass die Erblasserin die Erbeneinsetzung der F an die Bedingung geknüpft hat, dass ihr Bruder mit- oder vorverstorben ist.
- Auslegung des Erblasserwillens: Immer wenn ein Testament in Form eines Konditionalsatzes auf die Umstände der Errichtung Bezug nimmt, muss durch Auslegung ermittelt werden, ob der Erblasser die Wirksamkeit seiner Anordnungen von einer Bedingung abhängig machen oder nur den Anlass beschreiben wollte.
- Kein Regelungsbedarf bei Überleben: Das Gericht berücksichtigte den Altersunterschied zwischen den Geschwistern (9 Jahre) und die Tatsache, dass der Bruder der einzige gesetzliche Erbe war. Die Erblasserin ging davon aus, dass sie im Falle ihres natürlichen Todes von ihrem Bruder beerbt würde. Sie hatte nur für den Fall eines Unglücks auf einer Reise Regelungsbedarf gesehen, bei dem ihr Bruder sie nicht beerben könnte.
- Folge: Da der Bruder die Erblasserin überlebt hat, ist die Bedingung nicht eingetreten. Die testamentarische Anordnung ist unwirksam, und es ist gesetzliche Erbfolge eingetreten.
III. Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil gibt wichtige Hinweise für die Testamentsgestaltung.
- Präzise Formulierung ist entscheidend: Um Auslegungsstreitigkeiten zu vermeiden, sollten Sie in Ihrem Testament klar formulieren, wann eine Bedingung greifen soll.
- Bezug auf gesetzliche Erbfolge: Wenn Sie von der gesetzlichen Erbfolge abweichen wollen, sollten Sie dies explizit im Testament festlegen, um eine Auslegung im Sinne des gesetzlichen Leitbildes zu vermeiden.
Quellenangabe:
OLG München, Beschluss vom 07.10.2025, Az.: 33 Wx 25/25 e, Abruf-Nr. 251287.
$\S 2077$ Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
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