Testamentsklausel: Wenn der überlebende Partner "keinerlei Beschränkungen" unterliegt
Die Nachlassplanung durch ein gemeinschaftliches Testament von Eheleuten ist eine gute Möglichkeit, die Vermögensnachfolge zu regeln. Doch was geschieht, wenn der überlebende Ehepartner eine Klausel in dem Testament findet, die ihm "keinerlei Beschränkungen" auferlegt? Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat in einem Beschluss vom 11. März 2025 (Az.: I-3 W 4/25) entschieden, dass eine solche Formulierung auch die Bindungswirkung der Schlusserbeneinsetzung aufheben kann.
Der Fall: "Keinerlei Beschränkungen" für den Alleinerben
Ein Ehepaar hatte ein handschriftliches gemeinschaftliches Testament verfasst. In diesem setzten sie sich gegenseitig als Alleinerben und ihre gemeinsamen Kinder als Schlusserben ein. Ein darauf folgender Absatz im Testament lautete: "Der überlebende Ehepartner soll keinerlei Beschränkungen unterliegen."
Nach dem Tod des Erstversterbenden war unklar, ob der überlebende Ehepartner an die Einsetzung der gemeinsamen Kinder als Schlusserben gebunden war.
Die OLG-Entscheidung: Keine Bindung an die Schlusserbeneinsetzung
Das OLG Düsseldorf entschied, dass der überlebende Ehepartner nicht an die Einsetzung der Schlusserben gebunden war.
- Individuelle Auslegung hat Vorrang: Die Richter verwiesen darauf, dass die gesetzliche Auslegungsregel der Wechselbezüglichkeit (§2270 BGB) nachrangig ist. Es ist zunächst der tatsächliche Wille der Erblasser zu ermitteln.
- Klare Klausel: Die Formulierung "keinerlei Beschränkungen" ist eindeutig. Sie bezieht sich nicht nur auf Verfügungsbeschränkungen zu Lebzeiten, sondern auch auf die testamentarische Bindung der Schlusserbeneinsetzung.
- Keine Indizien für Bindung: Das OLG sah auch in anderen Klauseln, wie einer Pflichtteilsstrafklausel oder der Anordnung einer Vorerbschaft bei Wiederverheiratung, keine Anhaltspunkte für eine Bindung der Schlusserbeneinsetzung.
Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil ist ein wichtiger Hinweis für die Testamentsgestaltung, um den Willen des Erblassers eindeutig zu formulieren.
- Präzise Formulierung ist entscheidend: Wenn Sie Ihrem Ehepartner nach Ihrem Tod die größtmögliche Freiheit bei der Gestaltung des Nachlasses gewähren wollen, sollten Sie dies im Testament klar und unmissverständlich formulieren.
- Auslegungsstreit vermeiden: Eine Formulierung wie "Der überlebende Ehepartner soll an die Schlusserbeneinsetzung der Kinder nicht gebunden sein" schafft Rechtssicherheit.
- Hintergrundwissen ist wichtig: Die Auslegung eines Testaments berücksichtigt den gesamten Inhalt der Verfügung. Eine unklare Klausel kann die Wirkung anderer Bestimmungen aufheben.
Quellenangabe:
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.03.2025, Az.: I-3 W 4/25, BeckRS 2025, 7300.§2270 Abs. 1, §§ 2267, 2258 Abs. 1, §§ 2253 f., 2084, 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
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