Übertragung von Familieneigentum: Wann ein Elternteil sein Kind allein vertreten darf

Ein Urteil des OLG München bestätigt: Der Vertretungsausschluss eines Elternteils bei Rechtsgeschäften mit nahen Angehörigen gilt nicht für den anderen, unverheirateten Elternteil.

Die Übertragung von Familienvermögen auf minderjährige Kinder erfordert eine sorgfältige rechtliche Planung. Insbesondere bei einer Schenkung oder einem Verkauf zwischen nahen Angehörigen stellt sich die Frage, ob die Eltern das Kind überhaupt vertreten dürfen. Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Beschluss vom 5. August 2025 (Az.: 34 Wx 167/25 e) eine wichtige Klarstellung zum Umfang des Vertretungsausschlusses bei nicht miteinander verheirateten Eltern getroffen.

Der Fall: Schenkung von Wohnungseigentum an das Enkelkind

Die Eltern eines Vaters, der nicht mit der Mutter seines Kindes verheiratet ist, übertrugen eine vermietete Eigentumswohnung auf ihren minderjährigen Enkel. Bei der notariellen Beurkundung wurde der Minderjährige durch seine Mutter allein vertreten. Das Grundbuchamt lehnte den Antrag auf Eintragung im Grundbuch ab. Es argumentierte, dass der Vater als Verwandter in gerader Linie mit dem Kind eine Interessenkollision habe und der Vertretungsausschluss auch die Mutter als „gesamtvertretungsbefugte“ Elternteil erfasse.

Die OLG-Entscheidung: Alleinvertretung durch den nicht-betroffenen Elternteil

Das OLG München gab der Beschwerde statt und hob die Entscheidung des Grundbuchamts auf.

  1. Vertretungsausschluss gilt nicht für beide Eltern: Das Gericht stellte klar, dass der Vertretungsausschluss nach §1629 Abs. 2 BGB i.V.m. §1824 BGB, der eine Vertretung bei Rechtsgeschäften mit Verwandten in gerader Linie verbietet, sich nicht automatisch auf beide Elternteile erstreckt.
  2. Alleinvertretung ist zulässig: Da der Vater des Kindes nicht mit der Mutter verheiratet war, bestand in ihrer Person kein Ausschlussgrund. Sie war daher trotz des Ausschlusses des Vaters zur Alleinvertretung des Kindes befugt.
  3. Keine familiengerichtliche Genehmigung: Auch eine familiengerichtliche Genehmigung war in diesem Fall nicht erforderlich. Die Übertragung von vermietetem Wohnungseigentum gilt als rechtlich nachteilhaft, da die Mieteinnahmen eventuell zur Deckung von Hypotheken oder anfallenden Kosten genutzt werden müssen. Dies macht eine notarielle Vereinbarung nötig. Ein Ergänzungspfleger wird aber nur bestellt, wenn beide Elternteile von der Vertretung ausgeschlossen sind.
  4. Wahrung der Elternrechte: Das Gericht begründete seine Entscheidung mit dem verfassungsrechtlich geschützten Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG, welches nicht ohne gesetzliche Grundlage eingeschränkt werden darf. Eine bloße Loyalitäts- und Rücksichtnahmepflicht unter Ehegatten reicht hierfür nicht aus.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil bringt wichtige Rechtssicherheit für unverheiratete Eltern, die eine Nachfolgegestaltung vornehmen möchten.

  • Elternrechte werden gestärkt: Die Vertretungsbefugnis des nicht vom Vertretungsausschluss betroffenen Elternteils bleibt bestehen. Dies vereinfacht die Abwicklung von Vermögensübertragungen.
  • Keine Notwendigkeit eines Ergänzungspflegers: Solange nur ein Elternteil von einem Vertretungsausschluss betroffen ist, kann das Kind vom anderen Elternteil allein vertreten werden, ohne dass die kosten- und zeitintensive Bestellung eines Ergänzungspflegers notwendig wird.

Quellenangabe:

OLG München, Beschluss vom 05.08.2025, Az.: 34 Wx 167/25 e.§1629 Abs. 2 S. 1, §1824 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§19,20 Grundbuchordnung (GBO).

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