Verfahrenskostenhilfe: Bewilligung trotz Tod des Antragstellers unter bestimmten Umständen möglich
Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (VKH) ist an die Bedürftigkeit und die Erfolgsaussichten des Antragstellers geknüpft. Doch was geschieht, wenn der Antragsteller im laufenden Verfahren verstirbt? Grundsätzlich schließt der Tod des Antragstellers die rückwirkende Bewilligung von VKH aus. Das Oberlandesgericht (OLG) Jena hat in einem Beschluss vom 23. Juni 2025 (Az.: 6 W 94/24) jedoch eine wichtige Ausnahme von diesem Grundsatz bestätigt.
I. Die Ausnahme: Verfahrensverschleppung durch das Gericht
Der Tod des Antragstellers steht der Bewilligung von VKH nur dann nicht entgegen, wenn:
- Der vollständige und ordnungsgemäße Antrag auf VKH bereits vor Abschluss der Instanz gestellt wurde.
- Die Entscheidung über den Antrag aus vom Gericht zu vertretenden Gründen (Verfahrensverschleppung) nicht vor dem Tod des Antragstellers verbeschieden wurde.
In diesem Fall wird die VKH rückwirkend bewilligt.
II. Fortsetzung des Verfahrens bei ungeklärter Erbfolge
Das OLG Jena traf auch eine wichtige prozessuale Feststellung zur Fortsetzung des Verfahrens:
- Ein zur Klärung der Erbfolge ausgesetztes Beschwerdeverfahren (§78 Abs. 2 FamFG) kann fortgesetzt werden, wenn eine zeitnahe Klärung der Erbfolge nicht absehbar ist.
- Die Voraussetzung dafür ist, dass der Verfahrensbevollmächtigte die mutmaßlichen Interessen des Rechtsnachfolgers (der Erben) wahrnehmen kann. Dies dient der Prozessökonomie.
III. Was bedeutet das für die Praxis?
Dieses Urteil ist ein wichtiger Schutz für den Anspruchsteller.
- Dokumentation des Antrags: Antragsteller und ihre Anwälte sollten den Zeitpunkt des VKH-Antrags genau dokumentieren.
- Schutz vor Verfahrensverschleppung: Die Entscheidung stellt sicher, dass der Antragsteller nicht durch eine vom Gericht zu verantwortende Verfahrensverschleppung den Anspruch auf VKH verliert.
Quellenangabe:
OLG Jena, Beschluss vom 23.06.2025, Az.: 6 W 94/24, BeckRS 2025, 14316.§76 Abs. 1, §78 Abs. 2 FamFG, §86 ZPO.
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