Wertermittlung im Pflichtteilsprozess: Vollstreckung nur durch Zwangsgeld möglich
Der Pflichtteilsberechtigte hat einen Anspruch darauf, dass der Erbe den Wert von Nachlassgrundstücken durch einen Sachverständigen ermitteln lässt ($\S 2314$ Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB). Kommt der Erbe dieser Pflicht nicht nach, stellt sich die Frage, wie dieser Anspruch vollstreckt werden kann. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in einem Beschluss vom 4. Juni 2025 (Az.: 10 W 84/25) entschieden, dass die Vollstreckung der Wertermittlung als unvertretbare Handlung nur durch Zwangsgeld möglich ist.
I. Wertermittlung als unvertretbare Handlung
Das Gericht stellte klar, dass die Verpflichtung zur Wertermittlung eine unvertretbare Handlung i.S.v. $\S 888$ ZPO darstellt.
- Definition vertretbar: Vertretbare Handlungen ($\S 887$ ZPO) können von einem Dritten anstelle des Schuldners vorgenommen werden. Der Anspruch der Wertermittlung ist aber nicht vertretbar.
- Grund für Unvertretbarkeit: Der vom Schuldner (Erben) zu beauftragende Sachverständige ist für die Erstellung seines Gutachtens auf die Mithilfe und Mitwirkung des Erben angewiesen (z.B. durch Übergabe von Unterlagen oder Gewährung des Zutritts). Diese Mitwirkungspflichten können weder nach $\S 887$ ZPO noch über $\S 892$ ZPO erzwungen werden.
II. Konsequenz für die Zwangsvollstreckung
Da die Wertermittlung eine unvertretbare Handlung ist, richtet sich die Vollstreckung nach $\S 888$ ZPO.
- Vollstreckung nur durch Zwangsmittel: Die Vollstreckung erfolgt durch Zwangsgeld oder ersatzweise Zwangshaft.
- Keine Ersatzvornahme: Eine Ersatzvornahme ($\S 887$ ZPO), bei der der Pflichtteilsberechtigte den Sachverständigen selbst beauftragen könnte und die Kosten dem Erben auferlegt würden, ist ausgeschlossen.
III. Was bedeutet das für die Praxis?
- Pflichtteilsberechtigte müssen den Weg über $\S 888$ ZPO gehen, um den Erben zur Wertermittlung zu zwingen. Dies ist oft langwierig und erfordert einen entsprechenden Antrag beim Prozessgericht.
- Erben können die Vollstreckung durch die sofortige Beauftragung eines Sachverständigen und die umfassende Mitwirkung abwenden.
Quellenangabe:
OLG Hamm, Beschluss vom 04.06.2025, Az.: 10 W 84/25, BeckRS 2025, 14738.
$\S 2314$ Abs. 1 S. 2 Hs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
$\S\S 887, 888$ Zivilprozessordnung (ZPO).
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