Zugewinnausgleich und Steuern: Rückabwicklung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage

Ein BFH-Urteil klärt: Die Rückabwicklung einer Zugewinnausgleichsvereinbarung wegen Irrtums über die Einkommensteuer kann steuerlich rückwirkend anerkannt werden.

Die Erfüllung einer Zugewinnausgleichsforderung durch die Übertragung von GmbH-Anteilen kann unerwartet zur Einkommensteuerpflicht führen, da dies als steuerbare Veräußerung gilt ($\S 17$ EStG). Tritt eine solche ungewollte Steuerfolge ein, stellt sich die Frage, ob die Ehegatten die Vereinbarung rückgängig machen können, um die Steuerlast zu eliminieren. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil vom 9. Mai 2025 (Az.: IX R 4/23) entschieden, dass eine Rückabwicklung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ($\S 313$ BGB) steuerlich rückwirkend anerkannt werden kann.

Der Fall: Steuerberater-Irrtum und die GmbH-Anteile

Ein Ehepaar vereinbarte notariell die Gütertrennung und die Übertragung von GmbH-Anteilen zur Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs. Sie hatten die gemeinsame Vorstellung, dass dieser Vorgang steuerfrei sei, was ein Steuerberater zuvor fälschlicherweise bestätigt hatte. Als das Finanzamt eine hohe Einkommensteuerlast festsetzte, schlossen die Eheleute eine Änderungsvereinbarung und machten die Übertragung rückgängig.

Die BFH-Entscheidung: Der Irrtum war die Geschäftsgrundlage

Der BFH bestätigte die Ansicht, dass der entstandene Veräußerungsgewinn aufgrund der Änderungsvereinbarung rückwirkend entfallen ist.

  1. Wegfall der Geschäftsgrundlage ($\S 313$ BGB): Das Fehlen der erwarteten Steuerfreiheit kann steuerrechtlich als rückwirkendes Ereignis anerkannt werden.
  2. Strenge Anforderungen an den Nachweis: Die steuerliche Anerkennung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige nachweist, dass:
    • Gemeinsame Vorstellung: Die steuerliche Neutralität war eine gemeinsame Vorstellung beider Parteien.
    • Im Vertrag angelegt: Die steuerlichen Folgen wurden vor oder bei Vertragsschluss ausdrücklich erörtert (müssen sich aber nicht im Vertragswortlaut wiederfinden).
    • Keine alleinige Risikolast: Die unerwartete Steuerbelastung traf die Eheleute als Gesamtschuldner ($\S 44$ AO), weshalb das Risiko nicht nur einer Partei zufiel.
  3. Rückabwicklung als Ausweg: Da die Einkommensteuerbelastung die Motivation für die steuerfreie Übertragung zunichtemachte, war das Festhalten am Vertrag unzumutbar.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil ist ein wichtiger Hinweis für die Nachfolgeplanung.

  • Dokumentation ist essenziell: Sichern Sie die Annahme der Steuerfreiheit durch schriftliche Dokumentation (z.B. Beraterbestätigungen).
  • Steuerklauseln implementieren: Um das Risiko zu vermeiden, dass die Finanzverwaltung den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht anerkennt, sollten Sie eine Steuerklausel im Vertrag implementieren. Diese ermöglicht ein vertragliches Rücktrittsrecht bei unerwarteter Steuerlast.
  • Risikoverteilung prüfen: Prüfen Sie vor der Übertragung, ob die steuerlichen Folgen beide Ehepartner als Gesamtschuldner treffen.

Quellenangabe:

BFH, Urteil vom 09.05.2025, Az.: IX R 4/23.

$\S 17$ Einkommensteuergesetz (EStG), $\S 313$ Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

$\S 175$ Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO).

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